Der Regen wird immer stärker und shit, ich kann den Autoschlüssel in meiner Tasche nicht finden. Mein Rock und meine Haare sind vom Regen komplett durchnässt. War ja klar, dass ich den Regenschirm in der Wohnung vergessen habe. Ich muss mich beeilen. Den ganzen Monat habe ich mich schon auf dieses Bewerbungsgespräch vorbereitet. Dieses Wetter wird mir das jetzt nicht versauen. Wenn ich mit meinen nassen Sachen da aufkreuze, bekomme ich den Job ganz sicher nicht. Ich renne die Strasse hinunter und stelle mich unter das Vordach eines Pubs. Ich krame mein Handy aus der Tasche und versuche Marissa zu erreichen, doch bevor ich ihre Nummer wählen kann, wird der Bildschirm schwarz und mein Handyakku ist alle. Kann der Tag noch schlimmer werden? Wenn ich in einer halben Stunde nicht in Bristol bin, ist mein Traumberuf dahin. Ich versuche mich zu beruhigen, atme einmal tief durch, und versuche nachzudenken. Als ich die Augen wieder öffne, sehe ich eine Telefonzelle auf der anderen Strassenseite. Das ist meine Rettung! Schnell wechsle ich die Strasse und trete in das kleine, rote Gehäuse. Mit zitternden Fingern gebe ich nochmals die Nummer von Marissa ein und halte den Hörer an mein Ohr. Ungeduldig blicke ich umher und warte ab. Als ich den Hörer schon wieder zurücklegen möchte, nimmt sie endlich das Telefon ab.
«Gott sei dank, Marissa, ich dachte du würdest nicht mehr abnehmen.»
Stille.
«Ich brauche dringend deine Hilfe..wie du weisst habe ich in 30 Minuten mein Bewerbungsgespräch in Bristol..ich kann meinen Autoschlüssel nicht finden, meine Kleidung ist völlig durchnässt, mein Handyakku ist alle und ich habe kein Geld um mir ein U-Bahn Ticket zu kaufen», ich mache eine kleine Pause, um Luft zu holen und Tränen schiessen mir in die Augen. «Bitte hilf mir! Ich brauche diesen Job, NEIN, ich muss ihn bekommen. Du weisst dass das mein Traum ist und und..meine Stimme bricht kurz. «Kannst du mich bitte abholen und mir trockene Kleidung mitbringen? Ich bin in Downtown in einer Telefonzelle»
Ein Schluchzen durchfährt mich, doch ich fasse mich wieder. Niemand antwortet in der Leitung.
«Marissa?»
«Ähm..»
Eine dunkle, raue Stimme meldet sich. Das ist ganz sicher nicht die Stimme meiner Schwester.
«Wer ist da?»
Angst pack mich. Wer könnte das sein? Ein Freund von ihr?
«Ich glaube Sie haben sich verwählt.» sagt der Mann am Telefon.
«Oh, das tut mir leid..ich..ich»
«Kein Problem, sie scheinen ja wirklich..» der Mann macht eine Pause, «aufgewühlt zu sein. Kann ich Ihnen helfen?»
Der Mann scheint ziemlich «nett» zu sein.
«Ich glaube nicht, dass Sie mir helfen können», krächze ich.
«Haben Sie nicht gesagt, Sie sind in DownTown? Ich wohne gleich in der Nähe und kann sie schnell rüberfahrn. Bristol ist ja nur eine viertel Stunde von hier entfernt.»
Ich kann doch nicht einfach in das Auto eines Fremden einsteigen..doch wie ich erst jetzt bemerke, werde ich zu spät kommen, wenn ich jetzt nicht gehe…
«Ich weiss nicht», antworte ich wahrheitsgemäss.
Der junge Mann scheint zu merken, dass ich unsicher bin den er antwortet:
«Wenn Sie wollen, nehme ich meinen kleinen Chihuahua mit, dann müssen Sie nicht Angst haben, ich sein ein Entführer oder so was Ähnliches..»
Ich muss über diesen Gedanken lachen. Obwohl ich diesen Mann nicht kenne, glaube ich, dass er mir wirklich helfen möchte.
«Nein schon gut..ich wäre Ihnen sehr, sehr dankbar.»
«Sagen Sie mir nur wo sie genau sind und ich werde gleich da sein.»
10 Minuten später
Ein schwarzer Sportwagen hält vor der roten Telefonzelle und ich staune nicht schlecht. Ein gutaussehender junger Mann in einem blauen Anzug, etwa paar Jahre älter als ich, steigt aus dem Wagen und lächelt mich an.
«Rave», sagt er und streckt mir seine Hand hin. Eine Strähne löst sich von seinen auf die Seite gegelten braunen Haaren und fällt ihm in die Stirn.
«Ich bin Elaine, danke das Sie mir so einen grossen Gefallen tun, ich hoffe Sie haben überhaupt Zeit.»
«Kannst gerne du sagen und kein Problem, wollte sowieso gerade auch nach Bristol.»
Rave grinst mich an und hält mir die Tür auf. «Bitte einsteigen Mylady». Ich muss lächeln. Das ist echt das schrägste, was ich je erlebt habe. Normalerweise würde ich nie in das Auto eines Fremden steigen. Rave steigt auf der anderen Seite ein und fährt auf die Hauptstrasse. «Du hast heute also ein Bewerbungsgespräch?», fragt er mich. «Ja.» Ich werde rot, als ich darüber nachdenke, wie ich am Telefon geheult habe. «Ich habe mich an der «Stalwen Company» beworben als Managerassistentin. Es war schon immer ein Traum, dort arbeiten zu dürfen. Die Firma setzt sich für Leute in Armut ein und hat einen sehr guten Ruf. Und ausserdem braucht meine Familie dringend Geld. Ich habe mich von ganz unten nach oben gearbeitet, um diesen Job zu bekommen. Ich möchte meine Familie Stolz machen.
«Hmm, hab auch schon viel über diese Firma gehört. Ich denke nicht, dass du dir Sorgen machen musst, wegen des Bewerbungsgesprächs. Ich kenne dich zwar nicht gut, aber du wirkst sehr sympathisch und man merkt, dass du für diesen Job brennst.»
Nachdenklich betrachte ich Rave von der Seite. Sein Seitenprofil ist perfekt und er strahlt so viel Selbstbewusstsein aus. Hätte ich doch nur auch so eine Ausstrahlung. «Danke, ich bin sooo nervös, hoffentlich macht es denen nichts aus, wenn ich mit nassen Haaren daherkomme.»
«Ich finde, es sieht gut aus.» Er zwinkert mir zu und Röte schiesst mir in die Wangen. 5 Minuten später haltet Rave vor der riesigen Firma. «Ich begleite dich schnell rein.» Gemeinsam treten wir an den Empfang. Die Sekretärin lächelt mich an, wird aber schneeweiss, als sie Rave neben mir sieht. Was hat sie nur?
«Sierra» sagt Rave an die Sekretärin gewandt, «das ist Elaine. Sie wird ab Morgen bei uns arbeiten. Kannst du ihr schon einmal alles zeigen?» Verwirrt schaue ich den Mann neben mir an. Lächelnd streckt er mir nochmals die Hand hin. «Tut mir leid, ich stelle mich nochmals kurz vor: Ich bin Raven Stalwen, CEO von der Stalwen Company.»
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