"Und mit dem Wissen, dass wir beide gelogen haben" – eine Geschichte von Tamara In-Albon - Young Circle

«Und mit dem Wissen, dass wir beide gelogen haben» – eine Geschichte von Tamara In-Albon

Member Stories 2022

«Und mit dem Wissen, dass wir beide gelogen haben» – eine Geschichte von Tamara In-Albon

Zum letzten Mal spreche ich mit ihm und mit dem Wissen, dass er mich noch hören kann «Alles, was ich will, ist jemand, der mich liebt und den ich lieben kann, ohne dass es sich anfühlt, als würde ich sterben … Und geliebt habe ich dich auch nicht, das glaube ich zumindest.“

Ich verliere mich in seinen Augen, Blau und Kalt … Seine blonden Locken, die so weich sein könnten wie die Wolken im Morgenhimmel, sein Lachen mit der Zahnlücke, die sein Lachen nur noch schöner machte …

Ich spüre die Wärme von seinem Körper an meinem Körper, seine Lippen, die meine berühren. Und ich spüre, wie warm und weich sie sind, und auch wenn meine Augen geschlossen sind, fühlt es sich so an, als würde ich immer noch in seine Augen schauen … der Moment könnte für immer bleiben … doch ich wusste, wenn ich noch weiter gehen würde, würde mich die Angst und der Hass überholen. Die Angst verlassen zu werden und der Hass, den ich jedes Mal verspürte, wenn ich in seine blauen Augen schaute. In diesem Moment wusste ich, mir blieb nichts mehr übrig, also tat ich es. 

Ich stecke meine Hand mit einem gewaltigen Stoss in seine Brust und ich spüre, wie sein Herz schneller anfängt zu schlagen und ich kann nicht sagen, ob es so schnell ist, weil wir uns geküsst haben oder weil ich mit meiner Hand in seiner Brust bin und sein Herz sanft am Streicheln bin. 

Zum letzten Mal schaue ich in seine blauen Augen und fast berührt es mich, sodass mir die Tränen kommen, doch das Gefühl von Hass und Einsamkeit ist stärker. 

Er fragt mich mit einer schwachen Stimme, wieso ich das tue. 

Ich antworte ihm mit einer liebevollen Stimme „die Kälte in deinen Augen ist nicht auszustehen und das Gefühl in meinem Bauch, wenn du lachst, es ist schrecklich, es ist nicht auszuhalten. Und weil ich so nett bin, schicke ich dich ins Paradies, in die Wolken, wo ich gerne wäre, doch ich kann dort nicht hin, noch nicht … und wenn meine Zeit gekommen ist, sind wir wieder vereint und nichts kann uns dort trennen, nicht einmal die Angst.“ Eine Träne läuft von seinem Gesicht runter und er sagt mit seiner letzten Kraft “ich liebe dich doch gar nicht, das hab ich nie getan.“  Er schliesst seine Augen, und zum letzten Mal sah und spürte ich die Kälte in seinen Augen. Gemeinsam mit ihm setze ich mich auf den kalten Boden und meine Hand hält immer noch sein immer schwächer schlagendes Herz …

Zum letzten Mal spreche ich mit ihm und mit dem Wissen, dass er mich noch hören kann «Alles, was ich will, ist jemand, der mich liebt und den ich lieben kann, ohne dass es sich anfühlt, als würde ich sterben … Und geliebt habe ich dich auch nicht, das glaube ich zumindest.“

Nach einem kurzen Moment lege ich ihn auf den kalten Boden und nehme meine Hand von seinem Herz, das endlich aufgehört hat zu schlagen. Ich verlasse ihn und fühle mich schwer und mir ist am ganzen Körper kalt, aber plötzlich verschwindet die Kälte und auch die Wärme, von seiner fest umklammernder Umarmung, mit der er mir hätte sagen sollen, dass wir uns beide lieben. 

Auch die Wärme, die ich in meiner Hand von seinem Herzen gespürt habe, verschwand, und ich wusste, dass ich sie nie wieder spüren werde. 

Und mit dem Gedanken, dass wir beide gelogen haben, verschwinde ich in der einsamen Dunkelheit der Nacht …

Bewertung