"Über uns der Sternenhimmer" – Eine Geschichte von Ada Ronya Scheidegger - Young Circle

«Über uns der Sternenhimmer» – Eine Geschichte von Ada Ronya Scheidegger

Member Stories 2024

«Über uns der Sternenhimmer» – Eine Geschichte von Ada Ronya Scheidegger

In einer Sommernacht brechen zwei Freunde in ein verlassenes Freibad ein, um von einem zehn Meter hohen Turm ins Wasser zu springen. Während die Atmosphäre von Abenteuer und Aufregung geprägt ist, spürt der Erzähler die tiefen emotionalen Abgründe seiner Freundin Nala, ohne sie wirklich greifen zu können – und ahnt nicht, dass dies ein Abschied für immer sein könnte.

«Komm hoch» Rief sie runter. «Oder traust du dich etwa nicht?» Sie lachte. Es war ein helles, klares Lachen, aber auch etwas dreckig, so wie sie immer Lachte. Ich liebte ihr Lachen. Nein, ich liebte alles an ihr. Ihre roten Locken, welch im Wind wehten, ihre-«Komm schon, so hoch ist es nicht. Ich wusste das du dich nicht traust.» Natürlich hatte ich Angst, eine scheiss angst sogar. Es war natürlich ihre Idee gewesen, nachts ins Freibad einzubrechen, und dabei über die drei Meter hohe Mauer zu klettern. «Ich habe keine Angst, ich weiss bloss nicht, wie ich da hoch kommen soll.» Verzweifelt versuchte ich mich den Ziegelsteinen festzukrallen, doch die Mauer war zu glitschig und ich rutschte wieder ab.  Schliesslich beugte sie sich runter und streckte mir ihr Arm entgegen. «Ich ziehe dich hoch». Zögernd griff ich nach ihrer Hand. Sie war ganz warm, im Gegensatz zu meiner, die eiskalt war. Sie zog mich näher zu sich und plötzlich war ihr Gesicht ganz nah bei meinem. Ich verharrte und bewegte mich keinen Millimeter. Ich konnte ihren warmen Atem auf meiner Haut spüren.  Doch ehe ich mich im Moment verfing,  zog sie mich hoch.  Und schon stand ich ebenfalls auf der Mauer.  Langsam setzte ich mich auf den Mauerrand. Ich liess die Beine baumeln.  

 Aus ihrer Hosentasche zog sie eine Packung Marlboro. Sie steckte sich die Zigarette zwischen die Lippen, zündete sie an und nahm eine tiefen Zug. Fünf Sekunden behielt sie den Rauch in der Lunge, bis sie ihn schliesslich ausbliess. Ein richteige Wolke bildete sich, bis sie sich schliesslich in den tiefen der Nacht auflöste. Sie hielt mir ebenfalls die Schachtel hin. Stumm nahm ich mir eine Zigarette. Ich hatte noch nie zuvor geraucht, aber das würde ich niemals zugeben. Ich steckte mir die Zigarette in den Mund und schmeckte den ekligen Tabakgeruch, warum rauchte man bloss so ekliges zeug. Nala drehte sich zu mir und  zündete mir die Zigarre an. Ich wollte auch wie sie, den Rauch fünf Sekunden in den Lungen behalten. Ich zog fest daran, meine Lungen füllten sich mit dem Rauch und ich musste husten. Entsetzlich fest husten. Ich hustete so fest, das mir die Zigarette entglitt und irgendwo unten in den Büschen landete.

 Ihr Lachen erklang.

 So klar, so hell und doch etwas dreckig.

 «Du hast noch nie geraucht was. Komm, ich zeige es dir.» Ich errötete etwas, doch dann willigte ich schliesslich ein und lies es mir von Nala zeigen. «Am besten rauchst du noch nicht direkt auf Lunge, sonst musst du immer husten. Behalte den Rauch nur im Mund.» Ich tat was sie sagte und tatsächlich klappte es.» Jetzt versuche mal runter zu ziehen, aber nur ganz langsam.» Ich tat es.

«Jaaa, geht doch.» Sie strahlte. Als ob irgendwo Musik zu hören wäre, wippte sie mit ihrem Körper im Takt einer Imaginären Musik.  Seit wir hier oben waren, hatten wir noch kein richtiges Gespräch und so fragte ich das Erstbeste, was mir in einfiel. «Du… ehm…wie lang rauchst du eigentlich schon?» Sofort verschwand ihr Lächeln und sie hörte auf zu wippen. Ihr Blick verdüsterte sich und ihr Körper wurde ganz steif. Sie zuckte mit den Schultern. «Was weiss ich schon. Ne weile halt. Irgendwie muss ich ja mit den ganzen Scheiss umgehen. Bleibt mir ja irgendwie nichts anderes übrig.» Weil ich nicht wusste was ich antworten sollte schwieg ich einfach.

«Komm, springen wir ins Wasser» Sie stand auf und zog mich hoch. Unter der Mauer waren eine grosse Wiese und hinter der Wiese das Sprungbecken mit dem 10 Meterturm. «Du willst vom 10er springen?!» fragte ich überschüssiger weise. «Na klar, ich bin doch nicht umsonst ins Freibad eingebrochen.» Mit eine Satz landete auf beiden Füssen. In den Augenblick verliebte ich mich noch mehr in sie. Sie hatte so viel Feuer, so viel Energie. Wo sie die bloss immer herholte?

 Dies würde mir wohl ein Rätzel bleiben.

 Irgendwie schaffte ich es auch mich an der Mauer entlang herunter zu hangeln.

Sie griff nach meiner Hand und wir rannten über die Wiese, welch vom Tau angenehm kühl war. Vor dem Sprungturm lies sie meine Hand los, steifte sich die alten Turnschuhe ab und schmiss die Marlboro Packung und das Feuerzeig drauf. Ich zog ebenfalls meine Schuhe aus und folgte Ihr die schmale eiserne Wendeltreppe hoch. Mit jeder Treppenstufe, welcher wir dem 10 Meter näher kamen pochte mein Herz schneller. Ich würde mich niemals trauen, vom 10er zu springen, geschwiegen von drei Meter. Doch ich wollte kein Rückzieher machen. Ich wollte zusammen mit Nala von diesem Scheiss 10 Meter Brett springen und wenn es das letzte war, was ich tat.

Als wir oben wahren wagte ich eine kurzen Blick nach unten. Niemals würde ich da runter springen. Mir wurde allein bei dem Gedanken übel, mich auch nur eine Millimeter bewege zu müssen. «Hast du Schiss?» fragte sie. «Ein wenig vielleicht» gab ich zu.

 «Du brauchst doch keine Angst zu haben. Ich bin ja bei dir, wir springen zusammen.»

 In dem Moment kam der Mond hinter der Wolke hervor, hinter der er sich so lange versteckt hatte und ich sah das Mondlicht in ihren Augen reflektieren. Da war ihr Blick, in dem so viel tiefe lag und so wahnsinnig viel Schmerz.

Ich wollte ihr so vieles sagen. All das was ich seit einer Ewigkeit für sie empfand.

 Ihr all die Fragen stellen, die mich so plagten. «Warum sprichst du nicht mit mir Nala? Warum kannst du mir nicht sagen was du fühlts, was du denkts? Warum nicht?» Doch ich tat es nicht, denn ich wusste die Antwort selber, ich wollte sie bloss  nicht wahr haben. 

«Auf drei» Sagte sie. Ich wollte laut «Nein!» schreien, doch dann begann sie schon zu zählen.

«Eins. Zwei. Drei»

Und wir sprangen, sprangen durch die Nacht, durch unsere  Sorgen und Ängste und durch unsere Liebe.

Ich tauchte in das klirrend kalte Wasser ein und nahm nur noch wahr, wie unsere Hände auseinander gerissen wurden.

Und in dem Moment ahnte ich nicht, das dies das Ende war…

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