"Ab und zu hat auch der Mond seine Phasen" - eine Geschichte von Isabelle Jossi - Young Circle

«Ab und zu hat auch der Mond seine Phasen» – eine Geschichte von Isabelle Jossi

Member Stories 2020

«Ab und zu hat auch der Mond seine Phasen» – eine Geschichte von Isabelle Jossi

Hast du dich auch schon mal gefragt wie es dazu kommt, dass der Mond am einen Tag dick und rund ist wie ein Walross (runden Vergleich suchen) und nur wenige Wochen später ganz dünn und abgemagert? Das liegt daran, dass der Mond ein verfressenes altes Ding ist. Das war er noch nicht immer, schuld daran ist er aber selbst.

Alles begann vor langer langer Zeit, als der Mond, die Sonne und die Erde noch für sich lebten und sich nicht um die Probleme ihrer Nachbarn scherten. Damals verirrte sich eines Tages ein kleines Fünkchen von der Sonne zum Mond. Es war klein, rund und strahlte nur so vor Energie und Wärme. Der Mond hingegen war damals noch sehr jung und wusste noch nicht viel von dem was um ihn herum war. Er fand das Fünkchen ganz interessant und fragte es, wie es bei der Sonne so sei. Das Fünkchen, begeistert endlich sein Wissen teilen zu können, erzählte dem Mond eine Geschichten von seiner Heimat. Sie gefiel dem Mond so sehr, dass er nach noch mehr bat, also begann das Fünkchen von allem zu erzählen. Es erzählte von den warmen Temperaturen, den vielen gut gelaunten Funken und der Grosszügigkeit der Sonne. Es erzählte auch von seiner grossen Familie und dass es zuhause nie alleine war.

Der Mond ist fern von der Sonne zur Welt gekommen und hatte sie noch nie getroffen. Er sehnte sich danach ihre Wärme auch zu spüren, doch mit seiner grossen Schwester zwischendrin kam kein einziger Sonnenstrahl bis zum Mond. Ihm kam ein Gedanke. Der Gedanke passte ihm nicht. Doch je länger er darüber nachdachte, desto mehr erschien es ihm als die einzige Möglichkeit. Der Mond würde das kleine Fünkchen verschlingen!

Er beobachtete es und während das Fünkchen noch munter am erzählen war, näherte der Mond sich ganz langsam und unauffällig. Das Fünkchen konnte sich nicht einmal mehr wehren bevor es ruck zuck vom Mond verschlungen wurde. Er schmeckte die süsse Wärme auf seiner Zunge und ein kribbelndes Gefühl breitete sich im Mond aus. Dieser kleine Funke löste etwas aus. Ein starkes Verlangen nach noch mehr. Er wollte dieses Kribbeln und Kräuseln in seinem Magen noch mehr spüren.

Die Sehnsucht begann ihn Tag ein Tag aus zu quälen und eines Tages, als er es nicht mehr aushalten konnte, beschloss er, sich auf den Weg zur Sonne zu machen. Es war ein langer kalter Weg durch die Finsternis, doch der Gedanke an die Wärme liess ihn nicht aufgeben. Er war 15 lange und quälende Tage unterwegs. Er begriff mit jedem Meter, den er zurücklegte, wieso er die Sonne noch nie getroffen hatte. Die Reise war anstrengend, doch am zweitletzten Tag konnte er die tänzelnden Sonnenstrahlen entdecken und wusste, dass er nahe war.

Als er die Sonne dann endlich erreichte war er so erschöpft und abgemagert, dass er sie nur noch mit letzter Kraft um eine kleine Portion Funken beten konnte. Die Sonne war genauso grosszügig wie der kleine Funke dem Mond berichtet hatte. Sie gab ihm einen ganzen Haufen davon. Sie dachte sich, “Ich habe ja sowieso viel zu viele und die kleinen Dinger vermehren sich wie die Karnickel, ich kann dem armen Kerl ruhig genug geben!” Als der Mond die riesige Menge an Fünkchen sah, die er verspeisen durfte, war er überglücklich. Der Mond war der Sonne sehr dankbar und begann die kleinen warmen Körnchen herunter zu schlingen.

Es waren so viele Funken, dass er wieder begann zuzunehmen und als er den letzten Funken nach 15 Tagen verschlungen hatte, war er wieder dick und rund. Er hätte am liebsten noch weitergegessen, doch als er die Sonne gerade um noch mehr bitten wollte, war da keine Spur mehr von ihr. Sie war weitergezogen. Der arme Mond konnte es nicht dabei lassen, dass er seine Funken bereits alle, bis auf den letzten, verschlungen hatte. Der Mond versuchte sich zusammenzureissen. Aber er konnte der Sehnsucht nicht widerstehen und machte sich noch ein weiteres Mal auf den Weg. Von da an trieb ihn das kribbelnde Gefühl der Wärme in seinem Magen immer wieder zur Sonne zurück.

Er frass sich voll und nahm nach jedem Lauf zur Sonne wieder ab. So lebte er von nun an und die gegessenen Fünkchen liessen ihn die Reise immer und immer wieder von vorne antreten.

Nun, jetzt habe ich dir die Geschichte erzählt, weshalb der Mond zu- und abnimmt. Ob du es mir allerdings glaubst: diese Entscheidung liegt ganz alleine bei dir.

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