"Salzige Küsse" – Eine Geschichte von Selina Herzog - Young Circle

«Salzige Küsse» – Eine Geschichte von Selina Herzog

Member Stories 2024

«Salzige Küsse» – Eine Geschichte von Selina Herzog

In einer magischen Nacht am Strand kämpfen zwei Jugendliche, Zac und seine Freundin, darum, neugeborene Schildkröten vor den Gefahren der Umgebung zu retten, während sie gleichzeitig mit der bevorstehenden Trennung und ihren aufkeimenden Gefühlen füreinander konfrontiert werden. Während sie ihre letzte Nacht gemeinsam geniessen, reflektiert sie über die Veränderungen in ihrem Leben und die Bedeutung dieses besonderen Moments.

Während über uns der Mond scheint, rennen wir hin und her. Sand klebt an meinem Körper, meine Muskeln brennen wie verrückt, doch ich darf nicht aufgeben. Ein Blick zu Zac gibt mir wieder neue Energie. Bevor meine Gedanken abschweifen, konzentriere ich mich wieder auf unsere Arbeit. Mit jeder Hand hebe ich eine kleine Babyschildkröte vom Sand auf und renne mit ihnen in Richtung Meer. Dort lasse ich sie im Wasser losschwimmen und sehe ihnen einen winzigen Augenblick nach. Dann renne ich den Strand wieder hoch und nehme die nächsten beiden, um sie in Sicherheit zu bringen.

«Achtung Waran!», rufe ich Zac zu als ich im Gebüsch eins dieser Reptilien lauern sehe. Zac springt sofort hin und verscheucht ihn. Dann machen wir weiter.

Denn Babyschildkröten folgen normalerweise dem Mondlicht ins Meer. An diesem Strand befindet sich jedoch eine grosse Hotelanlage, welche nachts beleuchtet ist. Da die Beleuchtung stärker als das Mondlicht ist, laufen die Kleinen anstatt ins Meer, ins Landesinnere. Hier lauern jedoch unzählige Gefahren. Warane, Möwen und sonstige Vögel sowie auch beispielsweise Autos.

Um die Baby Schildkröten zu retten, müssen wir sie zum Meer tragen. Denn sobald sie im Meer sind und in Richtung Mond schauen, laufen sie nicht mehr Gefahr in die falsche Richtung zu gehen.

Zac und ich rennen den Strand hoch und runter bis wir keine einzige Babyschildkröte mehr im Sand finden. «Wir haben es geschafft!», noch voller Adrenalin springe ich zu Zac hinunter. Während ich nochmals das Gebüsch kontrolliert habe, hat er sich schon ans Meer gesetzt. Ich setzte mich neben ihn hin und zusammen sehen wir den Kleinen nach. Sie alle schwimmen ins grosse Meer hinaus. Auch dort lauern noch viele Gefahren, aber immerhin haben sie es alle ins Wasser geschafft.

Ich lehne mich an Zacs Schulter und er nimmt mich in den Arm. Sein Duft nach Wärme, salziger Seeluft und Weite umhüllt mich und ich spüre, wie ich ruhiger werde. Über uns leuchten die Sterne und vor uns spült das Meer ununterbrochen kleine Wellen an den Strand.

Dieser Moment könnte ewig weitergehen. Gerade bin ich voller Glücksgefühlen und gleichzeitig unfassbar eingeschüchtert. Irgendetwas machen solche Momente mit mir. Ich habe einerseits Angst was geschehen wird und stelle mir gleichzeitig vor wie ich meine Ziele erreiche. Was wenn ich mein Studium nicht schaffen werde? Was wenn ich nie wieder zurück zu Zac könnte? Was wenn? Denn morgen ist mein Volunteering Jahr zu Ende und ich muss zurück nach Hause.

Nach Hause. Das fühlt sich ewig weit entfernt an. Und ich muss mich von Zac verabschieden. Wer weiss für wie lange.

Bevor ich noch mehr Overthinke, verdränge ich alle Gedanken und fokussiere mich auf das Hier und Jetzt. Mein letzter Abend mit Zac. Zac Garcia. Wer hätte gedacht das unsere Geschichte auf solche Weise enden würden? Während meinen ersten Wochen hatte er mich ignoriert. Dann vor allen anderen Helfern lächerlich gemacht und allen erzählt ich sei eine verwöhnte Göre, die hier ihren Lebenslauf verbessern wolle. Nach einigen Monaten hatte er mich dann auf Instagram entdeckt und war von der Idee fixiert, ich hätte dieses Volunteer Jahr nur gemacht, um meine Follower zu beeindrucken.

Naja, meine Follower beeindrucken war sicher eines meiner Ziele gewesen, aber mit der Zeit habe ich gemerkt, dass ich dieses Zwischenjahr für mich mache. Für mich und die Umwelt. Meine Reichweite nutze ich nun nicht mehr nur, um Kooperationen zu bekommen, sondern um auf den Umweltschutz aufmerksam zu machen.

Denn Hotelanlagen beispielsweise können auch ohne Beleuchtung bestehen. Und das würde den Babyschildkröten eine grosse Hilfe sein.

Nach einigen Monaten hat Zac dann endlich gemerkt, dass ich wirklich helfe und nicht die ganze Zeit nur alles für Insta fake, wie er behauptet hat.

Ab da gab es diese Energie zwischen uns. Und nun sind wir hier gelandet. Vor einigen Wochen war an einem anderen Strand genau das gleiche Problem. Ein Schildkrötennest stand kurz vor dem Schlüpfen, doch das Hotel direkt am Strand wollte seine Beleuchtung nicht abstellen.

Da niemand anderes Zeit hatte, musste Zac schliesslich mich mitnehmen. Nachdem wir die Schildkröten ins Wasser getragen hatten, sassen wir noch eine Weile am Meer. Genau wie jetzt.

Wir redeten nicht viel. Aber das war auch nicht nötig. Als wir da so sassen und aufs Meer hinausblickten fanden sich unsere Hände im Sand. Der Blick, welcher darauf folgte, war so voller Hitze, dass ich komplett rot anlief. Als ich meine Hand zurückziehen wollte, hielt er sie fest. Und als er sich dann zu mir rüber beugte und mich küsste, da war es, als ob ein Feuerwerk in mir explodieren würde.

Bei diesem Gedanken lächle ich. Ich spüre, wie Zacs Finger über meine Lippen streifen. Als ich meine Augen sehe ich, dass Zac mich beobachtet. Mit einem noch grösseren Lächeln beuge ich mich zu ihm. Und diesmal bin ich es die ihn küsst.

Als wir uns lösen, kuschle ich mich an ihn. Gemeinsam sehen wir aufs Meer hinaus. Und ich lege das stille Versprechen ab, dass ich, für immer an dieses Jahr denken werde. Denn ich habe nicht nur gelernt wie man der Umwelt wirklich hilft, ich habe auch ein Stück weit mich selbst gefunden. Ich weiss, dass ich diese unglaubliche Zeit hier niemals vergessen werde, aber trotz allem nach vorne schauen muss.

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