Es gibt einen Ort, an dem ich mich nicht alleine fühle. Wohin ich flüchten kann, wenn die Welt zu laut, zu gross, zu erdrückend wird. Wo er genau ist, weiss ich nicht.
Ich habe die ganze Welt bereist, bin gelaufen, bis meine Füsse blutig und mein Körper beinahe tot war. Und habe selbst dann nicht aufgehört zu suchen.
Ich fand Orte, die waren schöner als andere. Ruhiger. Beinahe frei. Und vielmals habe ich mich dabei ertappt – in den Ecken meines Verstandes, wo sich die Gedanken längst in den Schatten verloren haben – auf ein Flüstern zu hören. Das Flüstern versuchte mich zu verführen. «Bleib, du hast den Ort gefunden. Siehst du die Freiheit nicht?»
Und ich Tor gab nach. Mehrmals. Liess die Stimme eine heile Welt malen und hielt es für die Realität. Liess mich nieder, versuchte zu leben. Aber was alle Lügen benötigen, ist die Wahrheit für ihre Existenz. Irgendwann, brach die Wahrheit über immer mich herein. So hart ich auch versuchte, sie zu ignorieren. Zu verdrängen und auf das Flüstern zu hören. Doch sie drängte sich immer durch irgendeinen Spalt in meinen Verstand und mein «Leben». Und verschlang mich, wie eine hungrige Schlange.
Wenn die Wahrheit mich verschlungen hatte, wurde alles schwarz. Ich war verloren in der Einsamkeit, auch wenn tausende Menschen sich um mich herum tummelten. Schwamm im Meer der Dunkelheit, auch am hellsten Tag. Oh, wie ich es hasste, wenn meine kleine Blase des Glücks geplatzt ist. Denn in diesen Momenten fühle ich mich einfach erbärmlich. Ich habe nachgegeben und das ist meine Strafe. Ich packe meine Sachen und verschwinde.
Ich habe längst aufgegeben, den Menschen die mit mir in der Blase gelebt haben, Lebewohl zu sagen. Ich gehe, ohne ein Wort. So tut es weniger weh für sie, rede ich mir ein. Aber wieder weiss ich, dass es gelogen ist.
Und so bereiste ich die Welt. Unermüdlich bis zum Tag an dem ich starb und zu leben begann.
Ich brach mitten auf dem Weg zu Boden. Mein Körper war ausgelaugt. Oder war es wirklich mein Körper? War es vielleicht mein Verstand? War man Verstand müde, und log mir vor, es sei mein Körper, weil ich an nichts mehr glaubte, was meine innere Stimme sagte? Wer weiss. Es spielt sowieso keine Rolle mehr. Ich lag am Boden, und kann nicht mehr bewegen. So sehr ich es auch versuche. Das war das Einzige, was momentan wichtig war.
Wut und Panik kochten in mir. Ich musste weiter, musste fliehen. Diesen Ort finden, der Dunkelheit entkommen. Sie ist ganz nah, jagt mich wie ein Jagdhund ein Reh. Ich begann zu schreien. «Ja, schrei. Schrei, schrei schrei, SCHREI! Jemand wird dich hören! Jemand-«, die Stimme in meinem Kopf flüsterte unermüdlich. Immer mehr und mehr und mehr. In meinem Kopf dröhnte es. Ich konnte nicht mehr. Es soll aufhören!
Plötzlich verstummte ich. Mein Gesicht wurde warm. Alles kribbelte. Heisse Tränen liefen meine Wangen herunter. Ich weinte. Nur für mich, ganz allein. Und die Stimmen verstummten. Totenstille. Ich hatte die Stille immer mehr gehasst als die Stimmen. Sie dröhnte in den Ohren, gab mir das Gefühl, zu platzen.
Die Dunkelheit rollte über mich. Ich befand mich wieder in dem all bekannten Meer. Und Wellen schwappten von allen Seiten her. Und ich liess mich sinken. Ich gab auf.
Ich versank, immer tiefer und tiefer hinein. Ich bekam keine Luft mehr. Ich kämpfte nicht mehr. Ich strampelte, paddelte oder zappelte nicht mehr. Ich beobachtete nur noch. Ein wenig gespannt, was nun passieren würde. Würde mir die Luft ausgehen? Am Grund ankommen? Gab es einen Grund, oder war mein Verstand wie ein Fass ohne Boden? Immer hungrig, nie voll.
Mein Herz verlangsamte sich, mir wurde schwindlig. Die Ohnmacht bereit, mich zu packen. Mich auf ihr sanftes Bett zu legen. Oh, es ist so weich…
Plötzlich öffnete ich meine Augen und setzte mich stöhnend hin. Der Boden war noch nie bequem gewesen.
Ich sah mich um, der Himmel war in Brand, getaucht in orange, rot und gelb. Sie jagten das dunkle Blau und violet vom Himmel. Sonnenaufgang.
Ich atmete tief ein, füllte meine Lungen mir der kühlen, frischen Waldluft.
Die Umgebung war voller Stille. Voller Frieden.
Zeit für eine Pause
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