"Pretending" – Eine Geschichte von Laura Gassmann - Young Circle

«Pretending» – Eine Geschichte von Laura Gassmann

Member Stories 2024

«Pretending» – Eine Geschichte von Laura Gassmann

Lenora kämpft mit den emotionalen Turbulenzen eines Klassenausflugs, während sie versucht, ihre Gefühle für Travis zu verarbeiten, die durch einen plötzlichen Kontakt wieder hochkochen. Als sie sich in einen schüchternen Mitschüler, Finney, verliebt, beginnt sie ein gefährliches Spiel aus Täuschung, das schliesslich in einer schmerzhaften Konfrontation endet, in der ihr bewusst wird, wer ihr wirklich wichtig ist.

„Du musst jetzt nicht mehr so tun!“, sagte er, und ich konnte die Traurigkeit in seinen Augen sehen. „Nicht mehr so tun?!“, fragte ich erstaunt. Ein leises Lachen entwich ihm. Es klang aber wie ein verzweifeltes Glucksen. „Wir wissen beide, wovon wir sprechen. Also hör auf, so zu tun, als hättest du keine Ahnung!“, sagte er wütend.

15. Januar 2024

Immer noch keine Nachricht. Seit dem Sommer kam keine Nachricht mehr von Travis. Konnte ein Klassenwechsel alles zerstören? All das, was wir miteinander hatten. „Ihr hattet rein gar nix!“, riss mich Jane aus meinen Gedanken. Ich schaute sie erschrocken an. „Jetzt guck mich nicht so perplex an!“, schnauzte meine beste Freundin und schob sich ein Pommes-Chips in den Mund. „Wir wissen beide, dass du gerade Schwachsinn gedacht hast!“ Ich schüttelte den Kopf. „Natürlich weiss ich das. Doch wieso weisst du, dass ich gerade daran gedacht habe?“ fragte ich erstaunt. Jane seufzte: „Lenora! Ich bitte dich! Du guckst schon seit dem letzten Sommer so. Inzwischen kenne ich deinen Blick, wenn du an ihn denkst!“ Ich verzog mein Gesicht. Sie kannte mich einfach zu gut. Ich seufzte erneut und liess meinen Kopf auf den Tisch sinken. Ein Lachen ertönte. Ich hob den Kopf und blickte in die wunderschönen, eisblauen Augen vor mir. Finney Smith. Er war eine Jahrgangsstufe unter mir. „Guckst du immer so, wenn du auf eine Nachricht deines besten Freundes wartest?“ Da musste ich doch lachen. Bester Freund? Travis? Sind wir noch Freunde?! Ich entschied, das Handy wegzulegen und mich Finney ganz zuzuwenden. Der grinste mich nur nervös an und wich vorsichtig zurück. „Was ist?“, fragte er zögerlich. „Nichts. Ich will dich nur anschauen!“, antwortete ich. Ein verschmitztes Lächeln huschte über meine Lippen. Einer der Lehrer erschien und rief uns zum Essen. „Hey, bringst du mir etwas?!“ fragte ich Finney, während ich ihn am Arm festhielt. Ich spürte, wie er kurz zusammenzuckte. Mit einem leichten Stottern antwortete er dann schliesslich: „J-Ja klar! Was willst du denn haben?“ Ich winkte ab, um bescheiden zu wirken: „Ach, nicht viel…Nur ein Stück Brot. Den Rest hole ich dann selbst!“ Finney verstand, erhob sich und ging zum Buffet. „Lenora!!“, zischte Jane. Ich drehte mich zu ihr um. „Was soll das werden, wenn es fertig ist?!!!“ fragte sie mich wütend. Ihr Blick und ihre Haltung verrieten, dass sie genervt war. „Was denn?! Lass mich ein bisschen Spass haben!“, meinte ich und grinste fies. „Das bringt dir nichts!“ „Was soll ich denn sonst tun? Warten und Däumchen drehen?! Ein bisschen flirten verletzt niemanden!“, zischte ich meine beste Freundin an und richtete meine Haare. Finney und die anderen kamen zurück mit dem Essen. Ich nahm ihm das Brötchen ab und lächelte zuckersüss. „Danke!“, sagte ich. Finney lächelte.

Wir waren auf einem Schultrip mit der Klasse. Es war freiwillig, mit der Schule Ski fahren zu gehen. Letztes Jahr war es ein Desaster gewesen, also hatte ich mich entschieden, nicht hinzugehen. Doch meine Eltern akzeptierten dies nicht und überredeten mich zur Teilnahme. So wie die Dinge sich nun entwickelten, konnte das Ganze doch noch interessant werden…

Finney Smith hatte mich nie wirklich interessiert. Er war dieser schüchterne Typ, immer fleissig am Lernen, ein kleiner Nerd eben. Er war 16 Jahre alt und noch so unschuldig. Ich grinste. Das konnte spassig werden.

Das war der Anfang eines neuen Spiels für Lenora.

Wochen vergingen, ja sogar Monate… Täuschung um Täuschung. Ihn und sich selbst. Was sie nicht wusste, war, wie gross das Lügengespinst unterdessen geworden war. Sie verstand nicht, wie ungesund sie sich verhielt, ihm und sich gegenüber.

3. Mai 2024

Nun stand ich hier vor ihm. Allein. Mein Herz pochte wie verrückt. Es war, als würde ich keine Luft mehr bekommen. Was war das, dieses Gefühl, als würde ich ersticken? Gehörte das dazu, wenn man vortäuschte, verliebt zu sein. Ein Vibrieren riss mich aus meinen Gedanken. Als ich auf das Display meines Handys schaute, lief mir ein Schauer über den Rücken. „Travis…“ flüsterte ich. Ein leichter Stich durchfuhr meinen Körper. Meine Beine fingen an zu zittern. „Hey, ist was los?“, lautete die Nachricht, die er mir geschickt hatte. Es traf mich wie ein Blitz. Alles kam wieder hoch. „Lenora?!“, hörte ich Finney sagen. Ich musste mich regelrecht von dem Display wegreissen, um ihn anzusehen. Meine Lippen zitterten leicht, und ich brachte nur ein gehauchtes: „Ja?“ hervor. „Wie ich sehe, kannst du ja jetzt aufhören.“, fing er an zu sprechen. Ich schaute in verständnislos an. Was meinte er? „Hör auf, mich so anzugucken. Wir wissen beide, wovon wir sprechen.“, begann er noch einmal. Doch ich legte nur meinen Kopf schief. Wie ein Welpe, der nicht verstand, was gerade abging. „Was meinst du?“ Finneys Augen fingen an, glasig zu werden. Ich konnte sehen, wie sich Tränen bildeten. „Hör auf, dich so dumm zu stellen! Du kannst jetzt aufhören mit dem Vorspielen!“, schrie er schon beinahe. Seine Augen verwandelten sich zu einem Meer, ein Meer aus Tränen. Sie glitzerten im Sonnenlicht. Es war, als könnte ich in ein Meer voller Wellen sehen. „Es tut mir leid…“, war das Einzige, was ich sagen konnte. Ich sah, wie Finney langsam zurückwich und sich schliesslich umdrehte. „Ich hoffe, ER war es dir wert.“, war das letzte, was er zu mir sagte, bevor er wegging. Ich spürte, wie sich alles zusammenzog in meinem Körper. Ein kalter Schauer lief mir den Rücken hinunter. Es bildete sich Gänsehaut. „Nein! Ich liebe dich…! Komm zurück!!!“, schrie ich aus dem Nichts heraus. Erschrocken über mich selbst stolperte ich leicht nach hinten. Doch! Ich wusste, dass dies die Wahrheit war. Ich liebte ihn! Mehr als es mir zuvor bewusst war. Doch was brachte mir meine Erkenntnis? Rein gar nichts! Ich spürte, wie meine Augen brannten, und langsam Tränen über meine Wangen schlichen. „Ich liebe dich…“, flüsterte ich verzweifelt.

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