"Palast der Intrigen" – Eine Geschichte von Sara Füglistaler - Young Circle

«Palast der Intrigen» – Eine Geschichte von Sara Füglistaler

Member Stories 2024

«Palast der Intrigen» – Eine Geschichte von Sara Füglistaler

In einer Welt, die von einem tyrannischen König und dessen gleichgültigem Erben regiert wird, wagt eine junge Frau ein gefährliches Doppelspiel, um ihr Volk zu befreien – doch als sie entdeckt, dass ihre Schwester ebenfalls in das Spiel der Macht verwickelt ist, spitzen sich die Intrigen zu, und sie muss entscheiden, wem sie wirklich vertrauen kann.

Ein Blatt flog am dunklen Fenster vorbei, gerade nah genug, dass ich den Wind dabei beobachten konnte, wie er es sachte hob und senkte, als wäre dieses Stück Natur eine leichtfüssige Tänzerin, die ihre Choreografie nur für mich allein vorführte, in dieser kalten Oktobernacht, in der ich mit meinem Buch gemütlich auf dem mit Kissen gepolsterten Fenstersims sass und meine Sehnsucht in die Nacht herausstarrte.

 An einem Abend, an dem der Himmel von gleissenden Blitzen erleuchtet wurde, hörte ich Schritte im Flur. Ich sah meiner Schwester dabei zu, wie sie ihren dicken, beigen Wintermantel überwarf und ihre Mütze, die ebenfalls beige war, über ihren Kopf stülpte, dass sie wenigstens vor der äusseren Kälte des wärmelosen Winters geschütz wurde. Ich tat es ihr gleich und folgte ihr, denn ihr Gesicht war ausdruckslos und ihre Schultern verspannt.  Unser König hat uns verboten, eine andere Farbe zu tragen, so dass unser Reich sich nach aussen so präsentiert, wie er es mochte. Einheitlich, gesichtslos und beige. Da meine Augen farblos sehen, hatte mich das nie gestört, doch meine Schwester fühlte sich eingeengt.

Als die Blätter um mich herumsegelten, als wöge sie der Wind sachte in den Schlaf, wurde mir bewusst, dass, nachdem Gustav König wurde, Menschen unser Reich verliessen, Regeln aufgestellt wurden und Veranstaltungen, um uns gut zu präsentieren organisiert wurden wie, dass jeder pro Monat eine Goldmünze vom König bekam, doch gleichzeitig alles eine Goldmünze teurer wurde. Am Anfang wurde er verehrt, Leute aus dem ganzen Land buken seine liebsten Kürbistörtchen, brachten ihm die leichtesten Schokoschaummachakafees und die Kinder bastelten stundenlang mit Hingabe, um seine Aufmerksamkeit auch nur einen Wimpernschlag lang zu bekommen. Doch langsam fingen die Leute an, ihn zu verachten. Diener, Mägde, Köche und andere Angestellte hatten es satt, von dem machthungrigen Monarch immer mehr Kritik für ihre stundenlang geputzten Böden und Käsedreiecke einzustecken und begannen, ihn zu verachten. In seinen Fernsehauftritten wurde sein Grössenwahn immer deutlicher und die Lust, etwas gegen ihn zu unternehmen, immer grösser. Doch niemand wagte, etwas zu unternehmen, da es ein weiteres Hinderniss gab, dass es zu überwinden galt: Der König hat zwei Söhne: Maximus, der bis auf seine sportliche Figur, seinen kantigen Kiefer und sein volles, präpariertes Haar ein jüngeres Duplikat seines Vaters war. Dieselben harten, gelbbraunen Augen, dieselbe Art mit Leuten umzugehen. Sein Bruder, Rasmus, war auch sportlich gebaut, aber nicht so mager wie sein Bruder. Ein wuschliger, blonder Schopf zierte seine weichen Züge und es prägte stehts ein Lächeln sein Gesicht, so dass man einen Blick auf seine schneeweissen Zähne werfen konnte und seine Grübchen immer zu sehen waren, auch wenn er gerade nicht am Lächeln war. Vor allem war er sehr verantwortungsbewusst, tapfer und rücksichtsvoll. Er wäre der perfekte neue König.

Weil die Bevölkerung mich gewählt hat, um den König auszuspionieren, bin ich mit Maximus zusammen, der gerne mit den Taten seines Vaters prahlt. Eine Beziehung mit ihm zu führen, war grausam. Er war nie für mich da, wollte mich nur benutzen und behandelte mich zwischendurch wie das Beste, was ihm je passiert war, doch gerade, absichtlich dachte, dass er etwas in mir sieht, behandelt er mich wie das letzte Stück Dreck. Zum Glück bin ich nicht in ihn verliebt und tue das alles nur zum Wohl des Volkes. Es würde mich sonst fertig machen.

Meine Schwester war in einem heruntergekommenen Schuppen verschwunden. Auch ich trat ein, und sah die Tür, die schräg in den Angeln hing und die morschen Bretter, aus denen das Dach bestand, sahen aus, als würden sie jeden Moment auf meine Schwester und den Jungen mit den kohlrabenschwarzen Haaren herunterbrechen, der dort stand und an die Wand lehnte. „Ich habe ein ungutes Gefühl bei der Sache“, murmelte meine Schwester, „Ich kann ihr das nicht antun.“ „Du weisst ja, dass ich mit ihr auch was habe, für mich funktioniert es prächtig und sie weiss es ja auch nicht“ drängt die gedämpfte Stimme des Grossmauls durch die Scheune. „Maximus! Jetzt hör mir endlich mal zu! Sie benutzt dich nur um den König zu stürzen!“ Ich rannte, bis ich meine Beine nicht mehr spürte. Meine Schwester war mit dem Prinzen zusammen, mit dem ich auch zusammen war, wenn auch nur als Informationsquelle.  Ich wusste, wie furchtbar er war, doch ich dachte nicht, dass er so furchtbar sein konnte und was ich auch nicht wusste, war, dass meine Schwester es mit ihm aushalten konnte. Immer zwei Stufen ausslassend rannte ich durch den Palast und klopfte an Rasmus Tür. Er willigte meinen Plan ein. Wir schlichen auf Zehenspitzen in die Küche. Einmal wären wir fast erwischt worden, doch er zog mich gerade im richtigen Moment hinter eine Tür und legte seinen Finger auf meine Lippen. Der Koch, der für die Kürbistörtchen zuständig war, verliess den Raum und wir beeilten uns, Erdnussbutter in die Füllung zu mischen. Jetzt mussten wir uns nur noch um Maximus kümmern. Er war der ältere Bruder und damit Kronprinz der Familie. „Komm!“ sagte ich „Wir kommen zum letzten Schritt unseres Planes“ „Warte“, flüsterte der Prinz „Er ist mein Bruder trotz seiner flegelhaften Ungezogenheit.“ Ich blieb stehen und drehte mich um. „Natürlich“.

Vor dem königlichen Essen liessen wir den König einen Vertrag unterschreiben, der besagte, dass Herrscher und Kronprinzen, die im Ausland waren, nicht mehr regieren dürfen, da es Verrat des eigenen Reiches ist, Ferien im Ausland zu machen. Der König unterschrieb ohne zu zögern, da der Notar ihm erzählt hatte, dass es um mehr Geld für ihn ging und der selbstsüchtige Trottel nicht lesen konnte. Als der Herscher sein Mahl verspeiste, drang ein Husten nach dem anderen aus seiner Kehle und die Schwestern brachten ihn in ein Krankenhaus nach Südmeer, dass im Ausland lag und Maximus, der besorgte Sohn, begleitete seinen allergisch reagierenden Vater und sorgte dafür, dass die Presse kein Wort davon erfahren würde.

Augen sprechen tausend Worte. Ich sah Erleichterung bei meiner Schwester, als sie ihre Schultern entkrampfte und ich sah sowas wie Erfolgsfreude und Zuneigung, als Rasmus mich in der Luft herumwirbelte, und ich wusste genau, dass er mich nicht fallen lassen würde. 

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