"Overthinking, Introvertiert und Extrovertiert" – Eine Geschichte von Svenja Heeb - Young Circle

«Overthinking, Introvertiert und Extrovertiert» – Eine Geschichte von Svenja Heeb

Member Stories 2024

«Overthinking, Introvertiert und Extrovertiert» – Eine Geschichte von Svenja Heeb

In dieser Geschichte wird der Alltag einer introvertierten Person beschrieben, die mit intensiven Gedanken und Selbstzweifeln kämpft, während sie versucht, in einer Welt voller sozialer Erwartungen ihren Platz zu finden. Zwischen dem Druck, sich zu beweisen, und dem Wunsch, sich zurückzuziehen, fragt sich die Protagonistin, ob es besser wäre, wenn jeder ihrer Gedanken Realität werden könnte – ein Geschenk oder eine Bürde?

«Was wäre, wenn alles, wirklich jeder einzelne Gedanke, welchen ich mir je ausgemalt habe, Wirklichkeit würde? Wäre das ein Geschenk oder eine Tragödie?

Das sind Fragen, welche in meinem Kopf herumspuken. Während ich bei der Arbeit bin, zuhause am Kochen oder vielleicht sogar, wenn ich etwas mit Freunden unternehme. Es ist unerträglich und manchmal fühlt es sich so an, als wäre ich ganz allein auf dieser, von Lebewesen bevölkerten Welt.

Manchmal sind diese Gedankenflüsse aber auch ein Geschenk, um sich von der Welt zu verstecken und für einen Moment einfach mal abzuschalten. Für einen Augenblick, nicht mit anderen Menschen zu interagieren und einfach das Leben allein eine kurze Weile geniessen.»

Die Tür zu meinem Zimmer wird aufgerissen und meine kleine Schwester kommt über die Türschwelle gestolpert. Schnell fege ich den Aufsatz, welchen ich bis morgen fertig haben muss, unter meine Mappe. «Alles ok?», frage ich und sie schaut mich mit ihren grossen Augen an. Sie nickt kurz, fragt dann, was ich zum Abendessen gerne hätte, und verschwindet dann, so schnell wie sie gekommen ist.

 Langsam krame ich meinen Aufsatz wieder hervor. Ich muss noch 200 Wörter schreiben und habe keine Ahnung wie ich mit meinem Text weiter machen soll, da der Text, nicht wie der Vorherige, den ich geschrieben habe, «Wie ein Artikel von Wikipedia» klingen soll.  «Ich sehe dich überhaupt nicht in diesem Text«, sagte mein Deutschlehrerin zu mir, als sie mir ihn zurückgegeben hat.  Seufzend lese ich den letzten Absatz durch und schreibe daraufhin weiter. 

Manchmal sind diese Gedankenflüsse aber auch ein Geschenk, um sich von der Welt zu verstecken oder um einen Moment abzuschalten. Für einen Augenblick, nicht mit anderen zu interagieren und einfach das Leben allein eine kurze Weile geniessen.»

Ich würde gerne mal ein Tag im Leben von jemandem verbringen der extrovertiert ist, da ich auch mal gerne ohne die ständigen Hintergedanken, «Schaut mich jemand an? Die denken sich nichts Gutes über mich.“, leben könnte und mir danach nicht die ganze Zeit Sorgen darüber zu machen. 

Da ich weiss, wie es ist, introvertiert zu sein, kann ich Ihnen auch sagen, dass es gar nicht so einfach ist, so durchs Leben zu gehen. Manchmal habe ich schon Angst, dass mich jemand verurteilt, wenn ich mir etwas im Café bestelle oder meine Kleidungsstil hinterfrage. 

Es gibt Situationen, wo ich gerne einfach mal jedem ins Gesicht schauen würde und ihnen sage, dass sie sich gefälligst auf ihren eigenen Kram konzentrieren sollen. 

Ich denke ebenfalls, dass introvertiert und overthinking Hand in Hand gehen. Ich meine, wenn du nicht mit anderen Menschen dich verständigst, dann muss es ja mit dir selbst sein, oder? «Essen ist fertig!», höre ich Mom von unten rufen. Ich dachte es mir, bei dem tollen Duft, der von der Küche her kommt. «Gib mir ’ne Minute«, rufe ich zurück und sammle meine Blätter zusammen und laufe dann in die Küche, wo unser Esstisch steht. Dort lasse mich in meinen Stuhl fallen. 

«Wie wars auf der Arbeit?«, frage ich Mom, während ich mir von der Lasagne, die sie gerade auf den Tisch gestellt hat, auf den Teller hebe. Seufzend, aber mit einem Lächeln im Gesicht, lässt sie sich gegenüber von mir auf den Stuhl plumpsen. «Du weisst, wie es ist, ich fühle mich, als könnte ich gleich ins Bett fallen, aber wir hatten heute wieder mal ’nen guten Tag» Ein «guter Tag» in der Bäckerei meiner Mom heisst, dass sie wieder eine neue Höchstzahl an Kunden hatten, was nicht so häufig vorkommt. 

Als wir fertig gegessen haben stehe ich auf und wünsche meiner Mom eine gute Nacht. Ich trete über die Türschwelle in meinem Zimmer und weiss sofort, was ich machen muss, bevor ich ins Bett gehe, weil ich sonst nicht schlafen kann. Also setzte ich mich an meinen Schreibtisch und ziehe den Aufsatz wieder aus der Schublade heraus und beginne erneut.

Ich vermute das es ganz viele verschiedene Arten von introvertiert und extroveritert gibt. Es gibt bestimmt auch Extrovertierte welche overthinken aber Introvertierte machen es halt einfach häufiger.

Vielleicht hätte ich diesen Text länger machen können, aber was solls. In den letzten Abschnitten haben Sie gesehen, was ich davon halte. Mein Fazit dazu ist, dass jeder seine eigene Weise davon hat und es wahrscheinlich sogar Mischformen gibt.

Erleichtert senke ich meinen Stift und lege ihn ab. Ich lese den ganzen Text nochmals durch. Als ich mir sicher bin, dass der Text keine Fehler hat, packe ich ihn weg, mache mich bettfertig und wache erst am nächsten Morgen wieder auf. 

Als ich heute aufwache bin ich aufgeregt, weil wir wieder Deutsch haben und ich meinen Text letzte Woche abgegeben habe und ihn heute zurückbekomme. Als ich dann endlich Deutsch habe, bin ich so nervös, dass ich mit den Beinen auf und ab wippe. Meine Kollegin legt mir die Hand auf’s Knie und wispert mir zu:” Wenn du nicht bald aufhörst so nervös zu sein, machst du mich auch nervös.» «Ich kann nicht aufhören!«, wispere ich zurück und in diesem Augenblick kommt unsere Deutschlehrerin ins Zimmer. 

«So, guten Morgen, wollen wir mit den Aufsätzen beginne oder wollt ihr sie erst am Ende der Lektion?» «Jetzt bitte!» «Nein bitte nicht erst am Ende!» «Je schneller es vorüber ist, desto besser!«, kommt es aus der ganzen Klasse und unsere Lehrerin schüttelt schmunzelnd den Kopf. «Ok, der Aufsatz ist besser gegangen, als ich erwartete! Wir haben keine ungenügende Note!» 

Die ganze Klasse bricht in Applaus aus und jeder wird einzeln nach vorne gerufen, um seine Prüfung abzuholen. Als ich an der Reihe bin nickt sie mir aufmunternd zu. «Hast du super gemacht«, sagt sie und überreicht mir meinen Aufsatz, auf welchem ein grosses rotes 5.5 steht. Darunter steht: «Ich wusste, dass du den Dreh noch herauskriegst!» Mit einem Lächeln laufe ich zu meinem Platz zurück. «Manchmal ist es vielleich wirklich so, dass man es sich nur fest genug wünschen muss».

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