Da sitze ich wieder, allein, mit meinen Gedanken, meine AirPods in meinen Ohren, doch ich denke immer noch und darum schreibe ich es auf. Vielleicht ist es dann einfacher, einfacher nicht mehr so viel zu denken. Doch auch irgendwie geheimnisvoll, zwei Welten, eine in meinem Kopf und eine, die ich lebe. Meine Gedanken sind meine Gedanken, niemand kann sie sehen, nur ich. Doch ich denke so viel, so vieles, über Sachen, die ich nicht denken sollte. Und dann kommt sie wieder, meine dunkle Stimme. Und sie geht nicht weg, sie kommt immer wieder.
Ich sitze in der Schule, zuhinterst allein, der Lehrer kann mich hier nicht sehen, nein, niemand sieht mich hier, ich bin unsichtbar. Aber das hat auch seine Vorteile. Vielleicht mach’ ich ihnen Angst, aber um ehrlich zu sein, fühle ich mich sehr harmlos. Ich hebe meinen Blick Richtung Fenster, da sitz er und sieht aus dem Fenster, er macht ebenfalls nicht. Ich könnte ihn stundenlange anschauen, aber nicht auf eine Art wie ein Creep, nein, nein. Er ist anders, man kann es ihm ansehen, anders und interessant. Seine Ausstrahlung, ich will wissen, was in seinem Kopf umherrennt. Was denkt er wohl? Denkt er ebenfalls so viel wie ich? Der Tag geht vorbei und ich gehe nach Hause, dort lege ich mich in mein Bett, lerne, bis ich mich mental so kaputt fühle, rauche und gehe ins Bett und wieder sitze ich im Klassenzimmer, höre meine Musik und mache meine Sachen. Melden tue ich mich nicht im Unterricht, das traue ich mich einfach nicht. Ich bleibe in meiner Welt, in meiner Welt, die in meinem Kopf abspielt, hier kann nur ich was sagen. In der Mittagspause gehe immer zu meiner Ecke, hier ist niemand und ich habe meine Ruhe. Ich kann die anderen hier gut sehen, aber sie mich nicht. Ich kann ihn von hier ebenfalls sehen. Er redet mit seinen Kollegen, er lacht und mir wird warm und dann plötzlich sieht er zu mir, wir sehen uns an und ich, ich kann nicht wegsehen, seine Augen, sie, sie sind so magisch und geheimnisvoll. Er sieht mich immer noch an, ich sehe weg, ich bin nervös, zu nervös, um ihn noch länger anzusehen, in seine Augen zu sehen. Am Nachmittag haben wir eine Doppelstunde Deutsch. Ich habe mich an meinen Tisch gesetzt, meine Sachen herausgenommen. Ich bin bereit, also so bereit wie ich für die Schule sein kann, und das ist nicht viel. Meist mache ich im Unterricht erst gar nicht richtig mit. Sie erklärt uns einen Auftrag, den wir in Zweiergruppen erarbeiten müssen. Die meiste Zeit mache ich Zweieraufgaben allein, da niemand wirklich an mir interessiert ist oder mir was zu sagen hat. «Ich werde euch heute mal in zwei Gruppen einteilen» Panik kommt in mir hoch, meine Gedanken fangen wieder an zu schwirren. Diese dunkle Stimme kommt wieder hoch, sie macht mir Angst und Stress. Ich fange an zu schwitzen und merke, wie mir immer wärmer wird. «Mira» sie macht eine kleine Pause, ich kann meinen Herzschlag förmlich spüren.
«Mit Lennard» Alle, wirklich alle, aber nicht er. Mein Herzschlag schlägt nun nur noch mehr. Es macht mich nervös. Ich weiss, wie er heisst, was er macht, wer seine Freunde sind, doch er, er weiss doch nicht mal mein Name. «Lennard, du kannst zu Mira gehen, ihr macht Aufgabe 5» er kommt auf mich und mein Pult zu. Was soll ich machen? Was soll ich sagen? Am liebsten würde ich mir gegen den Kopf schlagen, sodass diese Gedanken aufhören, sie machen mir nur Stress. Er sieht gut aus. Unsere Blicke treffen sich, und mein Bauch kann nicht aufhören, zu kribbeln. Ich nehme meine Sachen ein wenig auf die Seite und er setzt sich hin. Er lächelt mich kurz an. Als Erstes sitzen wir nur da, allein, er, ich und meine Gedanken. «Mira, oder?» seine Stimme, sie bringt diese dunkle Stimme weg. Er soll weiterreden, reden, sodass diese dunkle Stimme nicht mehr kommt und ich alles vergessen kann, was mich kaputt macht. «Ja, genau», antworte ich leise und schüchtern. «Lennard» er lächelt mich an. Meine Hände, sie schwitzen. Ich streiche sie an meiner Hose ab. Wir machen die Aufgabe, wir reden nicht viel, aber er sieht mich an, er sieht mich mit seinen blauen Augen an und ich könnte mich darin versinken. «Zurück an eure Plätze» Nein, nein. «Tschau, Mira» er sieht mich an, lächelt und verschwindet an seinen Platz. Die Stunde geht vorbei und ich gehe nach Hause. Meine Gedanken, spielen den Film von heute immer wieder ab, seine Stimme, seine Augen, ich lächle. Zu Hause werde ich mit einer Beschimpfung begrüsst, ich sage nichts, ich denke nur. Ich gehe in mein Zimmer, mache meine Sachen, bis ich mental nicht mehr kann, gehe nach draussen, werde wieder beschimpft und gehe ins Bett. Und schon bin ich wieder in der Schule. In der Schule bin ich da, aber ich bin nicht da, meine Gedanken sind woanders. Ich muss hier weg, weg von dieser Familie, Menschen, ich muss meine Gedanken ausschalten und nichts denken ausser an ihn. Ich gehe zu meinem Pult, dort steht ein zerknülltes Blatt. An Mira, steht darauf. Wer? Ich? Ich setzte mich hin und öffne den Zettel. In 10 Minuten draussen in deiner Ecke. In meiner Ecke? Wer weiss von meiner Ecke? Ich sehe mich um, er sieht direkt weg. Von ihm? Kann das sein? Wieso sollte es? In den nächsten 10 Minuten drehen meine Gedanken wieder verrückt. Nach 10 Minuten gehe ich aus dem Zimmer nach draussen zu meiner Ecke. Er steht da, und lächelt mich an. Ich gehe langsam auf ihn zu, er hält mir eine Zigarette entgegen. Er zündet sie an und hält mir seine Hand entgegen. «Komm, wir verschwinden, jetzt, nur wir zwei, allein, weg von unseren Gedanken»
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