Vor ein paar Jahrhunderten gab es zwei sehr unterschiedliche Vögel. Der Rabe Sokrates, einer der beiden Vögel, war ein sehr gieriges Lebewesen das immer alles wollte. Der zweite Vogel war der Papagei Paracelsus. Er ist eher zurückhaltend, geniesst das Leben und lebt bescheiden. Doch die beiden grundverschiedenen Tiere hatten eine Gemeinsamkeit: Beide hatten schneeweisses, langweiliges Gefieder. Diese Federn wollten sie loswerden, also flogen sie los in ein Abenteuer.
Die beiden Tiere flogen sehr lange zu ihrem Ziel: Dem Gott der Weisheit. Sie hofften, dass er ihre Federn umfärben könnte. Der alte Mann war nämlich dafür bekannt, allen Tieren der Welt zu helfen.
Auf ihrem Weg überflogen sie viele Berge und Wälder, überquerten Flüsse und Seen. Die ganze Reise war sehr kräftezehrend, da sie fast kein Futter fanden. Nach etwa einer Woche konnten und wollten sie nicht mehr weiter. Sokrates war spindeldürr und hatte fast keine Federn mehr. Paracelsus hatte am Fuss eine tiefe Wunde und konnte fast nicht mehr hüpfen. Erschöpft lehnten sie sich an einen Baumstamm. Paracelsus seufzte erschöpft: „ Vielleicht sollten wir das ganze einfach abblasen und nach Hause fliegen!“ Sokrates erwiderte halbherzig:“ Ich will aber neue Federn!“ Paracelsus fand das keine gute Idee. Also beschlossen sie umzukehren.
Aber als sie sich schon umdrehten, stand plötzlich ein kleiner Fuchs von ihnen. „Huch!“, rief Paracelsus aus, „ was willst du denn hier?“ „Ich will euch eine Nachricht vom weisen Gott überweisen“, antwortete das junge Raubtier. „Und wie lautet diese?“, fragte Sokrates aufgeregt. Der Fuchs antwortete mit ruhiger Stimme:“ Wenn ihr euer Ziel aufgebt, werdet ihr es lebenslang bereuen.“ Die Vögel waren sich einig: Sie wollten weiterfliegen. Sokrates breitete sogleich, seine farblosen Federn aus, stiess sich vom Boden ab und flog davon.
„Danke“ sagte der Papagei dem Fuchs noch und flog dann seinem Freund hinterher.
Nach etwa zwei weiteren Monaten landete sie auf dem Schloss Hexagon. Darin lebte der alte Gott. Die Vögel fanden ihn schliesslich im Ballsaal. Er hatte einen langen, weissen Rauschebart, trug einen lilafarbenen Poncho aus Alpakawolle und birkenstockähnlichen Schlarpen. Auf seiner runzligen Nase sass eine alte Nickelbrille. Sokrates erzählte ihm von ihrem Anliegen. „ So so, ihr wollt also bunte federn“, murmelte er, „da habe ich eine Idee.“ Er führte sie durch die Räume bis sie sich in einem kleinen Zimmer befanden. Die zitternde Hand des Mannes zeigte auf zwei mächtige Türen. Eine war golden und es schien als würde sie leuchten, so eindrucksvoll war sie. Die andere war silbern und eher unscheinbar. „Jeder von euch darf jetzt durch eine dieser Türen. Ich erwarte euch auf der anderen Seite. Dort könnt ihr eure neuen Federn bestaunen“, erklärte der Gott und verschwand sogleich.
Der Rabe verschwand gleich mit gierigem Blick in der goldenen Tür. Paracelsus wartete noch circa fünf Minuten. Er seufzte tief und traf durch die silberne Tür. Zuerst sah er nur silbernes Licht. Dann tauchten auch der Mann und Sokrates auf. Sokrates‘ Gefieder war pechschwarz, er sah mega unzufrieden aus. Der Papagei besass ein farbenfrohes Gefieder. Die unterste Schicht war lila und schwarz, die nächste grün und blau und das Deckgefieder war gelb, orange und rot. Er fühlte sich wie neugeboren mit den Federn. Aber der Rabe fragte den Gott der Weisheit enttäuscht: „Warum ist mein Gefieder so schwarz und Paracelsus ha so ein buntes Gefieder?“ Der Mensch antwortete mit seiner ruhigen Stimme:“ Durch die Türen erkenne ich euren wahren Charakter. Während du, Sokrates, sehr gierig bist und alles willst, war Paracelsus eher zurückhaltend und wollte erst gar nicht durch eine Tür. Darum bestrafe ich dich mit den dunkeln Federn und schenke Paracelsus alle Farben der Welt.
Die Vögel waren nie mehr zusammen unterwegs. Paracelsus verschönerte die Welt mit seiner Lebensfreude. Darum sind Papageien heutzutage auch so beliebt. Sokrates wurde sehr böse. Darum sind Raben heutzutage auch eher unbeliebt, obwohl seine Nachfahren gar nicht so sind. Man sollte immer ans Gute in einem denken. Dann führt man ein viel schöneres und erfüllteres Leben.
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