"Eyes without a face (The Billy Idol Story)" – Eine Geschichte von Joshua Natan David Staub - Young Circle

«Eyes without a face (The Billy Idol Story)» – Eine Geschichte von Joshua Natan David Staub

Member Stories 2024

«Eyes without a face (The Billy Idol Story)» – Eine Geschichte von Joshua Natan David Staub

In einer Beziehung, die von Streit und Schweigen geprägt ist, reflektiert der Erzähler darüber, wie er und seine Partnerin sich langsam verlieren – und fragt sich, ob es noch Hoffnung gibt, das alte «Wir» wiederzufinden, oder ob es Zeit ist, endgültig zu gehen.

Du schreist, während ich dastehe und in die Leere starre. 
Ich habe mittlerweile nicht einmal mehr Interesse, irgendwelche Argumente zu suchen, wieso ich dieses Mal nicht der Böse bin. Mittlerweile ist es mir zu streng, für so etwas, was wir noch haben, zu streiten. Streit wegen vollen Eimern, leeren Spülmaschinen und anderen halbleeren Gläsern.

So sind wir doch eigentlich nicht? 
So müssen wir doch nicht sein?

Was ist mit dem alten Uns? 
Dem Uns mit vollen Gläsern, leeren Schränken und halbvollen Kühlschränken? Ein Uns, dass sich anfühlt wie der Himmel auf Erden? Wie der Geschmack von Regen im Sommer? Wie dein Lachen über einen meiner grauenhaften Witze?

Ich vermisse dieses Uns. 

Für dieses Uns bleibe ich noch. Für dieses Uns bleibst du noch. Für dieses Uns bleiben wir noch. Die Hoffnung, dass es wieder so wird wie früher. Wie diese eine warme Frühlingsnacht im letzten Mai. Diese Nacht, in der ich realisierte, dass ich gerne eine Geschichte ohne Ende hören möchte.

Ich wollte nie mehr jemand anders Geschichten erzählen hören. 
Denn niemand erzählte Geschichten so wie du, mit dieser Energie hinter jedem deiner Worte. In deinen Alltagsgeschichten steckte so viel: so viel Frust, so viel Freude, so viel Du.

Ich vermisse dieses Du. 
Für dieses Du bleib ich noch. Für dieses Du bleibst du noch. Für dieses Du bleiben wir noch.

Wo ist dieses strahlende Vorstadtmädchen hin, in das ich mich verliebt habe? 
Wo ist dieses Strahlen, das ich nie vergessen werde? Dieses Strahlen, das einen katastrophalen Tag zu einem wunderschönen Tag machte. Ist es verschwunden wie die Blumen, die ich dir früher immer nach Hause brachte?

Wieso bringe ich dir eigentlich keine rosaroten Tulpen mehr? Keine sonnengelben Narzissen? 
Ich weiss noch, wie du gestrahlt hast, als du den Blumenstrauss in meiner Hand sahst. Wann habe ich vergessen, in den Blumenladen neben unserem Lieblingskaffee zu gehen?

Wann waren wir eigentlich zuletzt dort? 
Dort, wo du immer nach meinen frisch gekauften Blumen gerochen hast. Wo ich dir stundenlang von irgendwelchen uninteressanten Arbeitsproblemen erzählte. Wo ich immer deine speziellen Empfehlungen ausprobierte.

Ich vermisse dieses Ich. 
Für dieses Ich bleibe ich noch. Für dieses Ich bleibst du noch. Für dieses Ich bleiben wir noch.

Wieso bin ich nicht mehr dieser kitschige, besonnene Dorfjunge, in den du dich damals verliebt hast? 
Wo ist er verloren gegangen? Wo sind die schlechten Witze hin, über die du dich kaputtgelacht hast? Wann habe ich aufgehört, dir meine Witze zu erzählen?

Wann habe ich überhaupt aufgehört, dir irgendwas zu erzählen? 
Es passiert so viel mehr, aber ich erzähle dir mittlerweile so viel weniger.

Erinnerst du dich noch an die Abende, an denen wir stundenlang auf dem Sofa lagen und nur über unseren Tag gesprochen haben? 
Erinnerst du dich noch, als Zuhause nicht nur ein Haus war? Erinnerst du dich, als ich und du ein Wir waren? Ein Wir, um das sich die Erde drehte, nicht wir um die Erde.

Hat diese hektische Welt uns zerstört? 
Oder waren wir nie für immer gedacht?

Immer noch schreist du. Immer noch schweige ich. 
Leises Geschrei trifft auf lautes Schweigen. Dieses „Gespräch“ ähnelt nicht mehr der Illusion, die ich von Liebesgeschichten hatte. Es fühlt sich eher an wie ein Horrorfilm.

Denn Liebesgeschichten enden immer gut. 
Sie enden immer mit dem grossen Highlight, nie mit einem Streit über die nicht gelaufene Spülmaschine.

Wieso sieht man eigentlich nie, wie es nach dem Highlight aussieht? 
Vielleicht, weil die Geschichte nie mehr so intensiv ist wie bei diesem einen Kuss. Ein Kuss, der uns die Hoffnung gab, dass es für immer ist.

Ich weiss, dass wir diesen Kuss hatten, und trotzdem stehe ich hier und frage mich, ob ich für dieses Wir gehen soll. 
Ich will nicht, dass wir uns hassen. Doch ich weiss nicht, ob ich dich je wieder so lieben kann wie in dieser einen Nacht, bei diesem einen Kuss.

Denn ich hätte nie geträumt, jemanden wie dich zu treffen. 
Ich hätte nie geträumt, jemanden wie dich zu küssen. 
Ich hätte nie geträumt, jemanden wie dich zu verlieren.

Und irgendwie fühlt es sich an wie verlieren. 
Ich verliere immer mehr von mir. 
Ich verliere immer mehr von dir. 
Wir verlieren immer mehr von uns.

Wann haben wir angefangen, uns zu verlieren? Wann habe ich angefangen, dich zu verlieren? Wann habe ich angefangen, mich zu verlieren?
War es das erste Mal, als ich vergass Blumen zu bringen? Das erste Mal, als ich dir nicht mehr von meinem Tag erzählte? Oder das erste Mal, als ich die Spülmaschine nicht laufen liess?

Ich weiss es nicht, aber ich würde alles tun, um es ändern zu können. Doch leider kann ich es nicht ändern. Kann nicht mehr der sein, den du kennengelernt hast. Wir können nicht mehr die sein, welche wir einst waren.

Auf einmal ist es verblasst das Geschrei. Nur noch die laute Stille im Raum. Du gehst ins Bett und ich schreib noch einen Text. Ein Text über das Glück im Leben. Einen Text über Bleiben. Ein Text über Trauer im Leben. Ein Text über Gehen.

Einen Text, den du jetzt gerade liest.
Hoffe, dass du wegen mir keine Tränen vergiesst.
Hoffe, du kannst irgendwann verstehen, Dass jemand musste gehen.

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