"Eine unerwartete Begegnung" – eine Geschichte von Cécile Schenk - Young Circle

«Eine unerwartete Begegnung» – eine Geschichte von Cécile Schenk

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«Eine unerwartete Begegnung» – eine Geschichte von Cécile Schenk

Ich kann es nicht fassen, dass wir mal beste Freunde waren. Bis ich mich ihn in verliebt habe und es ihm nie gesagt habe und er seine erste Freundin hatte. Ich habe mich von ihm entfernt und er sich von mir. Jeden Tag tat dies weh, ihn mit einer anderen zu sehen.

Gerade fährt mein Vater mit dem Wohnwagen auf den Campingplatz. Sofort fühle ich mich hier sicher.

«Willst du dir die Umgebung anschauen gehen? Wir stellen inzwischen das Vorzelt auf.», meint mein Vater.

Ich nicke und steige aus dem Auto. Meine Mutter tut es mir gleich, damit mein Vater den Wohnwagen hinstellen kann.

Ich mache langsam einen Schritt vor den anderen, auf meinem Weg sehe ich Wohnwagen, Zelte, einen Spielplatz und einen schmalen Ausgang.

Ich gehe auf diesen zu und will gerade hinaus gehen, als jemand um die Ecke kommt und ich in diese Person hinein laufe. «Es tut mir so so so leid.»

Panisch sehe ich die Person an. Ich kann es nicht fassen. Vor mir steht Noah. «Was machst du denn hier?», frage ich ihn. Dabei sehe ich ihn überrascht und erschrocken an.

«Auch schön dich zu sehen.», sagt er mit seinem üblichen Lächeln auf den Lippen.

Wir kennen uns von der Schule. Sein Aussehen ist immer noch gleich. Wie immer trägt er sein lockiges Haar kurz. Dazu seine schwarzen Kleider und der Ohrring auf der linken Seite.

Ich kann es nicht fassen, dass wir mal beste Freunde waren. Bis ich mich ihn in verliebt habe und es ihm nie gesagt habe und er seine erste Freundin hatte. Ich habe mich von ihm entfernt und er sich von mir. Jeden Tag tat dies weh, ihn mit einer anderen zu sehen. Immer habe ich mir gewünscht er würde mich lieben.

«Warum macht ihr eure Ferien auch hier?», frage ich.

«Weil es unser Lieblingsferienort ist.», antwortet er schlicht auf meine Frage. «Seit wann bist du da?»

«Seit gerade eben. Es ist echt schön hier.» Verzweifelt versuche ich mein Gefühlschaos vor Noah zu verbergen.

«Das verstehe ich, mir geht es gleich. Leider reisen wir übermorgen schon wieder ab.», sagt er. Irgendwie bin ich erleichtert und traurig zu gleich, ich weiss einfach nicht, was er mit mir macht.

«Na dann, noch schöne Ferien.», sage ich und will weiter gehen, doch er stellt sich mir in den Weg. «Ich könnte dir die Umgebung zeigen.»

«Ich finde das ist keine gute Idee. Deine Freundin würde mich dafür hassen, wenn sie es erfährt.» Ich kann ihm nicht einmal in die Augen sehen, deshalb schaue ich weg. «Ich habe Schluss gemacht.», sagt er. In mir breitet sich ein kleines Stück Hoffnung aus, vielleicht werden wir wieder Freunde.

«Okay, dann zeige mir den Ort.», sage ich.

Wir laufen los, an einem Golfplatz vorbei, dann überqueren wir eine Brücke, von der Brücke aus dauert es nicht lange bis wir in den Schatten des Waldes kommen.

«Es tut mir leid, dass ich nicht mehr mit dir gesprochen habe. Ich war dumm.», sagt er.

«Bitte spare dir deine Entschuldigungen, es ist jetzt so wie es ist.», sage ich. Dabei rollt mir eine Träne über die Wange. Er sieht diese und wischt diese mit seiner Hand weg. Die Berührung ist schön, aber auch schmerzhaft. Weil ich weiss, dass es nicht so bleiben wird zwischen uns.

«Ich will aber nicht, dass es so ist.», beginnt er, «Ich möchte wieder Zeit mit dir verbringen. Ich will einfach bei dir sein.»

Seine Worte berühren mich. Doch ich kann nicht. Ich wende den Blick ab und sehe zu Boden. «Es wird nie so sein wie vorher.»

Nach diesem Satz ist unser Gespräch abgebrochen und wir laufen schweigend weiter. Ich frage mich in Gedanken: Denkt er an meine Worte oder nicht?

Nach all dem Schmerz und dieser Unsicherheit, weiss ich einfach nicht mehr, was ich will. Ich will bei ihm sein, aber irgendwie auch nicht. Ich verstehe mich nicht.

Endlich gelangen wir zu einem wunderschönen Wasserfall. Ich höre das Rauschen vom Wasser. Ein paar Meter entfernt davon sehe ich einen Stein, welcher als einziger von der Sonne beleuchtet wird. Ich setze mich auf den Stein, geniesse die Wärme. «Es ist wunderschön.», sage ich und schliesse meine Augen.

«Das finde ich auch.», sagt er. Ich merke, wie er sich neben mich auf den Stein setzt, fühle, dass er seine Hand auf meine legt. Sollte ich ihm meine entziehen? Doch ich kann nicht, es fühlt sich gut an.

«Ich habe mit Valerie Schluss gemacht, weil ich sie nicht liebe.», sagt er. Ich öffne die Augen, damit ich in seine Augen sehen kann. «Sie verdient jemand der sie wirklich liebt, nicht so jemanden wie mich.»

Warum sagt er mir das?

«Darf ich dich was fragen?» Unfähig zu antworten, nicke ich nur. «Aber du sagst mir die Wahrheit.» Wieder nicke ich.

Er zögert und ist nervös. Ich habe Angst. «In wen bist du verliebt?», fragt er.

Ich kann ihm diese Frage nicht beantworten. Ich sehe zum Wasserfall. Ich kann ihn nicht anschauen und ich kann es ihm einfach nicht sagen. Er legt seine Hand unter mein Kinn und zwingt mich in seine Augen zu sehen.

Mein Herz schlägt schneller, ich beginne am ganzen Körper zu zittern, ich habe keine Ahnung, was er mit mir macht.

«Wenn liebst du?», fragt er erneut. Seine Hand immer noch unter meinem Kinn. «Ich kann es nicht sagen.», sage ich. Immer noch zwingt er mich ihn anzusehen. Ich schliesse die Augen, um seinem Blick auszuweichen.

«Bitte sag es mir.»

Ich schüttle den Kopf. Ich spüre, wie er die Hand wegnimmt. Doch nur um dann beide Hände an meine Wangen zu legen. Ich spüre wie er mich zu sich zieht, um dann einfach seine Lippen auf meine zu legen.

Als er den Kuss beendet, sage ich: «Ich bin liebe dich, schon lange.»

Ich öffne die Augen. Er lächelt mich an. «Und ich dich.» Er schliesst mich in seine Arme. Ich kann nicht glauben, dass das alles echt ist und nicht nur ein Traum. Ich fühle ihn, höre das Wasser und rieche sein Parfüm.

Dieser Ort wird mir immer viel bedeuten, hier bekam ich meinen ersten Kuss. Ich kann nicht aufhören zu lächeln, ich bin einfach nur glücklich.

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