"Ein Märchen über ein (un)endliches Leben" – Eine Geschichte von Elodie Bucheli - Young Circle

«Ein Märchen über ein (un)endliches Leben» – Eine Geschichte von Elodie Bucheli

Member Stories 2024

«Ein Märchen über ein (un)endliches Leben» – Eine Geschichte von Elodie Bucheli

In einer bewegenden Geschichte kämpft eine junge Frau mit der Einsamkeit und dem Schmerz des Verlusts, während eine geheimnisvolle alte Dame in ihrem Kopf die Macht hat, ihr ein ewiges Leben zu schenken. Doch als die Jahre vergehen und ihre Freunde und Familie sterben, erkennt die Frau, dass Unsterblichkeit nicht immer ein Geschenk ist und sehnt sich nach Frieden.

Es war einmal ein Mädchen, das ihr Leben sehr genoss und über Alles liebte. Das Mädchen hatte eine tolle Kindheit, an die sie auch noch als junge Frau gerne zurückdachte. Im Hinterkopf der jungen Frau hauste eine alte Dame. Diese war neugierig und belauschte gebannt die Gedanken und Wünsche der Frau. So kam es, dass die alte Dame bemerkte, wie sehr die Frau ewig lange leben wollte. Wenn sie wollte, konnte die alte Dame sehr viel Macht ausüben und mit dieser das Leben ihres Schützlings stark verändern. Diese Macht schlummerte ununterbrochen in der Dame, doch sie konnte sie nur einmal, wenn sie es für richtig hielt, einsetzen. Bisher hatte sie das noch nicht getan. Das Leben der jungen Frau war nicht immer einfach gewesen, es gab auch Schicksalsschläge, die sie hart getroffen haben. Ihre Schwester ist in ihren ersten Wochen auf dieser Welt, aus unerklärlichen Gründen verstorben. Die Frau konnte das überhaupt nicht verstehen und fürchtete sich seitdem nur noch mehr vor dem Tod. Solange es geht, möchte sie ihn herauszögern. Sie liebte die Menschen, hatte viele Freunde und war auch oft in der Natur bei den Tieren anzutreffen. Am Liebsten verbrachte sie Zeit im Wald und hörte den wundervollen Geräuschen der Natur zu. Die alte Dame merkte aber, mit steigendem Alter der jungen Frau, immer mehr, dass sie langsam ihre Macht wirken lassen sollte. Kurzerhand und ohne lange darüber nachzudenken, beschloss sie, der jungen Frau ein ewiges Leben mit guter Gesundheit zu schenken. Von all dem spürte die junge Frau gar nichts und ging ahnungslos weiter ihren Tätigkeiten nach. Als die Frau langsam gräuliche Haare bekam, starb ihr Vater an einer unheilbaren Krankheit. Das nahm sie sehr mit, doch sie dachte dann, dass sie selbst nicht mehr lange auf der Erde verweilen würde. Kurz bevor die Frau in Rente ging, verstarb ihre Mutter, da sie bereits sehr alt war. Die alte Dame im Hinterkopf wurde immer schrumpliger und wartete ganz entzückt darauf, dass die Frau bemerkte, dass sie nicht so war, wie alle anderen, bezüglich ihrer Lebensdauer. Jahre vergingen und alle Freunde und Verwandte der Frau wurden alt und konnten sich nicht mehr so flott bewegen. Bei der Frau war das alles genau gleich, doch im  Verlauf der Zeit gab es immer mehr Menschen in ihrem Umfeld, die an Altersschwäche verstarben. Irgendwie fand die Frau das komisch, denn auch Freunde von ihr, die sehr sportlich und kerngesund waren, wurden krank und atmeten ihren letzten Atemzug, doch die Frau war kerngesund und lebte weiter.

Nach neun Jahren kannte die Frau niemanden mehr, war sehr einsam und hing auf ihrem roten Sessel ihren traurigen Gedanken nach. Irgendwann war sie so traurig und ratlos, dass sie suizidale Gedanken bekam und versuchte, in einem eiskalten See so lange zu tauchen, bis sie ertrinken würde. Doch nach fast einer Stunde unter Wasser gab sie auf und hatte gar kein Fünkchen Lebensfreude mehr in sich.

Sie wurde ganz still und schaute oft einfach nur tagelang dem grausigen Wetter durchs Fenster zu. Sie wurde so mucksmäuschenstill, dass sie eines Tages die alte Dame laut seufzen hörte. «Was habe ich bloss getan? Die arme Frau ist todunglücklich.», meinte sie. Da flehte die Frau flüsternd: «Bitte machen sie, dass ich bald friedlich einschlummern kann.» Die alte Dame nahm sich das sehr zu Herzen und am nächsten Morgen, als es draussen kleine Schneeflocken schneite, schlief die, mittlerweile alte, Frau mit einem friedlichen Lächeln auf dem Gesicht ein.

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