Der Nachthimmel war düster. Ich blickte auf all das Blut. Das war einfach zu viel für mich. Ich wusste ja, dass schreckliche Verbrechen geschehen. Aber dass es auch die kaltblütigen Menschen dahinter gibt, die das Schreckliche mit Absicht tun, konnte ich immer noch nicht fassen. Einem Menschen das Leben zu nehmen, was konnte man Unverzeihlicheres tun? Meine Cousine Amalia wurde ermordet. Einfach so. Also genauer gesagt mit einem Messer. Keine Ahnung, wer der Täter ist. Wer sollte das getan haben? Warum sollte jemand meine unschuldige Cousine umbringen? Ich sah auf den leblosen Körper hinab. Und dann wurde es schwarz vor meinen Augen.
Das grelle Sonnenlicht blendete mich. Ich öffnete verschlafen meine Augen und schaute mich um. Ich lag auf dem Sofa in unserem Wohnzimmer und obwohl alles so wie immer aussah, war nichts wie vorher. Die Stille erdrückte mich beinahe. Und da erinnerte ich mich. Meine Cousine … war … tot. Der Schock durchfuhr mich. Ich werde nie mehr mit ihr lachen und mit ihr Monopoly spielen. Meine Cousine war für mich gleichzeitig auch meine beste Freundin gewesen und ich hätte alles getan, um sie zu retten. Gestern fuhr Amalia am späten Abend mit dem Fahrrad durch den Wald zu ihr nach Hause. Sie ist nie angekommen. Ihre Leiche hat man im Wald gefunden. Ich kann es immer noch nicht ganz glauben. Was für ein Alptraum!
Die Frage, die ich mir andauernd stellte, war: Wer hat sie umgebracht? Amalia war freundlich, hübsch, und auch beliebt gewesen. Eine absolut liebenswerte junge Frau mit einem unglaublich ansteckenden Lachen. Es fallen mir nur eine Handvoll Personen ein, die etwas gegen sie hatten. Zum Beispiel mein Freund James und sein bester Kolleg Kalle. James würde so etwas nie tun, er wusste ja, wie viel Amalia mir bedeutete. Er hatte meine Cousine auch nur aus dem Grund nicht gemocht, weil ich zu viel Zeit mit ihr verbringen würde und so nicht mehr genug für ihn übrighätte. Ein Grund sie umzubringen ist das aber nicht. Und Kalle …, nun ja, ich würde lügen, wenn ich sagen würde er ist nicht auf die schiefe Bahn geraten. Kalle hatte es aus verschiedenen Gründen nicht immer leicht im Leben, das wusste ich und manchmal tat er mir auch leid. Doch er war der Einzige, der für mich wirklich in Frage kam. Er hatte mal was mit Amalia, vielleicht wollte er sich für irgendwas rächen. Ich setzte mir ein Ziel: Ich würde herausfinden, wer meine Cousine umgebracht hat. Ich musste mich von der Trauer ablenken und dieser herzlose Täter durfte nicht ungeschoren davonkommen.
Am nächsten Tag war ich mit Freundinnen von Amalia in einem Café verabredet.
„Also, ich will nur noch mal klarstellen, dass das hier nicht ein Verhör sein sollte, ich möchte euch nur ein paar einfache Fragen stellen“, fing ich an.
„Das hat die Polizei doch gestern schon alles gemacht und ich verstehe es ehrlich gesagt überhaupt nicht, weshalb irgendwelche Leute mich dann auch noch unnötig ausfragen wollen, dieses ganze Drama ist doch komplett übertrieben!“, brauste Iantha auf. Eigentlich wollte ich zurückgeben, dass dieses „Drama“ nicht übertrieben wäre, da ihre Freundin gestorben sei, doch ich behielt es für mich.
„Ist ja gut Iantha, jetzt lass Elise doch erst mal ihre Fragen stellen“, beruhigte Lily sie.
„Dann machen wir es doch kurz und beschränken uns auf das Nötigste“, schlug ich vor. „Meine erste Frage wäre: Habt ihr irgendeine Idee, wer das getan haben könnte?“
„Nein haben wir nicht!“ gab Iantha lautstark zurück. Die anderen schüttelten nur stumm die Köpfe.
„Okay, die nächste Frage ist jetzt nicht persönlich gemeint aber, wo wart ihr als der Mord geschah?“
„Also mir reicht’s jetzt endgültig! Verhöre lieber zuerst mal James und Kalle!“, schrie Iantha, stand auf und verließ das Café.
Schließlich ergriff Lily das Wort: „Ich glaube ich spreche für uns alle, wenn ich sage, dass wir Amalia alle sehr geschätzt haben und ihr niemals etwas angetan hätten. Ihr Tod ist für uns genauso überraschend, wie für dich. Es ist jetzt erst zwei Tage her und vielleicht brauchen wir noch etwas Zeit, um das alles zu verarbeiten“, erklärte sie und erhielt als Zustimmung das Nicken ihrer Freundinnen.
Somit endete das Gespräch. Ich saß völlig ratlos da. Hatte nur ich dieses Gefühl oder hatte Iantha sich auffällig verhalten. Entweder war das einfach ihre Art oder sie hatte etwas zu verbergen. Ich musste an ihr dranbleiben. Der Klingelton meines Handys riss mich aus meinem Gedanken. Ich schaute auf das Display: Meine Tante, die Mutter von Amalia. Ich wusste, das würde kein angenehmes Gespräch werden. „Ja, hallo?“
„Hallo Elise, ich wollte dir nur kurz etwas mitteilen“, ihre Stimme klang schwach, „falls dein Freund oder sein noch schlimmerer Kollege etwas damit zu tun haben, wird das nicht gut ausgehen mit euch. Iantha hat mir erzählt, dass du sie verdächtigst, meine Tochter ermordet zu haben“, meine Tante fing an zu schluchzen, „Hör auf damit! Kümmere dich lieber um deinen James und um diesen Kalle!“, und damit legte sie auf. Iantha. Ich war mir sicher, dass sie meiner Tante von James und Kalle erzählt hatte, wie sollte sie sonst von ihnen wissen. Wenn Iantha jetzt auch noch anfängt, sich bei meiner Tante einzuschleimen, machte sie das nur noch mehr verdächtig …
Ich ging in die Küche und fand dort meine Mutter. Sie sah ziemlich mitgenommen aus.
„Ich weiß, dass meine Schwester James und Kalle die Schuld zu geben versucht“, seufzte sie. „Sie können es aber nicht gewesen sein, ich habe sie gestern in der Stadt gesehen als ich von der Arbeit nach Hause gefahren bin, wenige Minuten nach dem der Mord vollführt worden sein muss.“
Mir fiel ein Stein vom Herzen. James und Kalle haben nichts damit zu tun. Ich vertraute meiner Mutter. Obwohl ich nicht wusste, warum Iantha so etwas tun würde, war ich mir inzwischen ziemlich sicher, dass sie es gewesen war. Vielleicht Eifersucht? Ich musste ihr Motiv herausfinden und ihre Tat beweisen.
Ein Mord, eine Drohung, eine Täterin; mein Leben füllte sich an wie in einem Krimifilm.
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