Es war dunkel, als Finn alleine durch den Wald strich. Der Mond leuchtete hell und warf unheimliche Schatten auf den feuchten Boden. Finn war müde. „Wo bin ich denn nur?“, sagte er zu sich selbst. Auch wenn er wusste, dass ihn niemand hörte, wartete er trotzdem einige Sekunden, in der Hoffnung, dass ihn doch irgendwie irgendjemand wahrnahm. Finn blickte sich um. Ausser Bäumen, Büschen und Laub war nicht viel zu sehen. Doch was war das? Hinter einigen Bäumen schimmerte etwas Leuchtendes hindurch. Etwas Grünes. War es etwa ein Geist? Finn schüttelte den Gedanken ab. Doch er war zu neugierig, um umzudrehen. Langsam und vorsichtig schlich er durch die Bäume. Vor ihm am Boden lag ein Amulett. Es schimmerte grün und leuchtete unheimlich. Finn hob es auf. Doch bevor er das leuchtende Amulett richtig inspizieren konnte, war er verschwunden.
Finn wachte auf. Wo war er? Es war dunkel. Stockdunkel. Finn stand auf. Es war kühl und roch modrig. Vorsichtig tastete er sich voran. Seine Hand griff eine Türklinke. Vorsichtig drückte er sie hinunter und stiess die Tür auf. Sonnenlicht strahlte in den Raum. Finn blickte hinaus. Vor ihm ging es steil bergab. Er wagte sich nicht hinunterzusteigen, denn er wusste nicht, wo er war und ob es vielleicht gefährlich war. Sollte er es trotzdem wagen? Langsam streckte er den Fuss aus. Er blickte hinunter. Schnell zog er den Fuss wieder zurück und senkte sich langsam zu Boden. Finn machte sich Sorgen. Wo war er bloss? Er musste hier raus. Die Tür weit geöffnet, so dass möglichst viel Sonnenlicht in den Raum fiel, untersuchte er diesmal die andere Seite des Raumes. Dort gab es ebenfalls eine Tür. Finn öffnete sie und blickte in einen funkelnden Palast. Staunend richtete Finn seine Augen zuerst auf den Thron, danach auf die anderen wertvollen Gegenstände des riesigen Anwesens. Vorsichtig setzte Finn einen Fuss auf die glänzenden Marmor-Platten des Palasts. Da erschien plötzlich ein alter Mann auf dem goldenen Thron und richtete den Blick auf Finn. Dieser zuckte zusammen und stolperte rückwärts in den Raum zurück.
„Nur keine Angst, Finn.“ Geheimnisvoll blickte der alte Mann Finn an. „Ich bin König Orchomenos und brauche deine Hilfe.“
Finn stand auf und bewegte sich langsam in Richtung Thron. Hinter ihm fiel wie von Geisterhand die Türe zu. „Wa-was i-ist?“, stotterte Finn.
„Du bist der Auserwählte!“, rief König Orchomenos. Die Worte hallten in der grossen Halle wider. „Du bist meine letzte Hoffnung! Meine letzte Möglichkeit!“ Der König stiess sich von seinem Thron ab und lief die Treppe hinunter. Er legte seine Hand auf Finns Schulter. Die Hand war kalt. Ein Schauer lief Finn über den Rücken. „U-und wa-was muss i-ich ma-machen?“, fragte Finn.
„Das liegt ganz allein bei dir“, sagte König Orchomenos geheimnisvoll. Mit diesen Worten war er verschwunden.
„A-aber was ist mit…“, Finn brach mitten im Satz ab und kauerte sich auf den Boden.
„Kann ich dir helfen?“, fragte eine weibliche Stimme keine fünf Sekunden später. Finn fuhr herum. Eine junge Frau musterte Finn nachdenklich.
„W-wer bi-bist du?“, fragte Finn vorsichtig.
„Ich bin Elara, die mutige Kriegerin“, antwortete die junge Frau und hielt wie aus dem Nichts Pfeil und Bogen in der Hand.
„Ich bin Finn“, murmelte Finn. „Da war vorher so ein Mann, er hiess König Orchomenos, glaube ich. Kennst du ihn?
„Ja, er ist mein Vater.“ Elara dachte nach. „Und du bist dann wohl der Auserwählte.“
„Ja, ähm, nein“, stotterte Finn. „Dein Vater hat irgendetwas davon erzählt.“
Elara drehte sich um. „Bestimmt hat er wieder einmal nicht zu viel verraten. Ich erkläre es dir. Du bist in einer Traumwelt gefangen. Um wieder freizukommen, musst du verschiedene Rätsel lösen. Und ich werde dir dabei helfen!“ Stolz streckte sie ihren Arm in die Luft und lächelte.
Finn blickte sie an. Sein Instinkt sagte ihm, dass er Elara vertrauen konnte. „Okay, ich bin bereit!“, rief Finn.
Elara erzählte ihm alle Einzelheiten und führte ihn sogleich zum ersten Rätsel. Finn und Elara standen in einer Höhle. An der Wand prangten Buchstaben. Es war ein Vers.
Ich kann fließen, aber ich bin nicht lebendig. Ich kann stillstehen, aber ich bin nicht tot. Ich kann dich ertränken, aber ich kann dich auch retten. Was bin ich?
„Was ist flüssig und nicht lebendig?“, murmelte Finn. „Aber da gibt es viele Möglichkeiten. Irgendwelche Flüssigkeiten zum Beispiel.“
Elara nickte. „Stimmt, das könnte sein.“
„Ich kann stillstehen, aber ich bin nicht tot“, zitierte Finn. „Das weist auch wieder auf Flüssigkeiten hin. Was kann dich retten, aber auch ertränken?“ Finn überlegte. „Natürlich! Das ist es!“
„Was ist was?“, fragte Elara verwirrt.
„Na, die Lösung ist das Wasser!“, rief Finn.
Plötzlich begann der Boden zu beben. Was war das? Elara zog Finn schnell hinter einen Felsen. Vorsichtig spähte Finn durch eine kleine Spalte im Fels nach draussen. Ritter erschienen auf ihren Pferden und waren mit Speeren bewaffnet.
„Wer sind diese Menschen?“, fragte Finn Elara.
„Das sind die ‚Höllenritter‘“, antwortete Elara leise. „Sie sind die Bösewichte der Traumwelt.“
„Aber dann sind sie ja gefährlich“, rief Finn. „Wir müssen uns in Sicherheit bringen!“
„Psst“, zischte Elara. Doch es war zu spät. Die Höllenritter hatten sie bereits entdeckt. Elara und Finn rannten los. Die Ritter warfen ihre Speere. Finn hatte Angst. Würde er sterben?! Elara griff seine Hand. Im nächsten Moment war Finn verschwunden.
Finn schreckte hoch. Es war hell. Die Sonne leuchtete durch die Baumwipfel und warf Schatten auf den Boden. War es nur ein Traum gewesen? Anscheinend schon! Finn war erleichtert. Er atmete tief ein und aus. Dann gab es die Höllenritter gar nicht? Dann hatte er wirklich alles nur geträumt?! Finn stand auf. Seine Hosen waren feucht und dreckig. Langsam machte er sich auf den Weg nach Hause. Zuhause angekommen, schlich er leise in sein Zimmer, damit seine Eltern ihn nicht bemerkten. Er wollte seine dreckigen Klamotten ausziehen. Doch dann erstarrte er. Auf dem Fenstersims lag ein Pfeil. Dieser sah genauso aus wie die Pfeile von Elara in seinem Traum. Oder war es eben doch kein Traum gewesen?
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