Es war ein regnerischer Herbsttag. Bald wurde es dunkel. Lucia schaute aus dem Fenster. Die Bäume ragten wie riesige Schatten aus der Erde. Seit in der Stadt von einer Diebesbande erzählt wurde, ging die 14-Jährige nur noch im Hellen nach draussen. Doch heute musste sie eine Ausnahme machen. Sie wollte sich mit jemandem treffen. Heimlich. Als die Glocke 12 Uhr schlug und Lucia sicher war, dass ihre Eltern tief schliefen, verliess sie auf leisen Sohlen das Haus. Im Schatten der Bäume schlich sie zum Treffpunkt. Der kleine und verwilderte Park lag still und verlassen da. Lucia setzte sich auf eine Bank und wartete. Plötzlich nahm sie bei den Büschen eine Bewegung wahr. Ihr Herz setzte einen Schlag aus. Die Diebe! Schoss es ihr durch den Kopf. «Ganz ruhig», sagte sie zu sich selbst. Einatmen. Ausatmen. Einatmen. Ausatmen. Stille. Sie durfte sich jetzt nicht bewegen. «Lucia?» Flüsterte jemand. Sie versuchte sich noch kleiner zu machen. Moment? Woher wusste die Diebesbande ihren Namen?! «Lucia?!» Rief jetzt jemand etwas lauter. Da kam ein zierliches Mädchen hinter den Büschen hervor. «Jolanda! Hast du mich erschrocken.» «Tut mir leid», sagte Jolanda, «ich wollte nicht die Bewohner wecken.» «Schon gut», sagte Lucia und umarmte Jolanda. Die zwei Mädchen kannten sich schon seit dem Kindergarten. Doch Jolanda machte momentan gerade eine schwere Zeit durch. Ihr Stiefvater wurde nämlich verdächtigt ein Komplize der Diebesbande zu sein. Jolandas Eltern hatten sich zwei Jahre nach ihrer Geburt getrennt. Ihre Mutter zog sie alleine auf, bis sie Luke kennen lernte. Luke war ein toller Stiefvater für Jolanda. Doch aufgrund der vielen Befragungen der Polizei, war er mit den Nerven völlig am Ende. Sogar Lucias Eltern glaubten an die anonymen Anrufe die bei der Polizei reingekommen waren und Luke schlecht machten. Dies war auch der Grund, weshalb sich die Mädchen nicht mehr sehen durften. Doch Lucia vertraute Jolanda. Heute Nacht wollten sie einen Plan aushecken, wie sie die Unschuld von Jolandas Stiefvater beweisen konnten.
Doch diese Nacht wird ganz anders ablaufen als sie denken.
Die Mädchen setzten sich hin. Da klingelte auf einmal Jolandas Handy. LUKE leuchtete es vom Display auf. «Mist!», dachte Jolanda, «Was nun?» «Nimm`s ab, sag aber nicht wo du bist.» Jolanda befolgte ihren Rat. «Hallo?» Stille. «Hallo?!» Es knackste. «Luke?» Ein Knarren. Ein Rascheln. Wieder Stille. «Was jetzt?», dachte Jolanda. Da klang plötzlich eine verzogene Stimme durch Handy. «Jolanda! Achtung wichtig! Ich bin`s Luke. Die Diebes…..» Wieder knackste es. «Luke was ist mit den Dieben?» «Die Diebesbande ist unterwegs in den kleinen, verwilderten Park. Zum Glück bist du zu Hause. Sag deiner Mutter Bescheid.» Wieder ein Knarren. «Sollen wir die Polizei rufen?» Stille. «Scheisse!» Die Leitung war tot. «Wir müssen hier SOFORT WEG!» Lucia überlegte fieberhaft. Es gab keine Versteckmöglichkeit. Sie waren der Gefahr komplett ausgesetzt. «Los, wir rennen zu dir nach Hause!», sagte Jolanda. «Nein, meine Eltern dürfen niemals erfahren, dass wir uns heimlich getroffen haben und ausserdem wollen wir ja die Unschuld von Luke beweisen.» «Und was schlägst du jetzt vor?» «Wir gehen zum Schrottplatz direkt hinter dem Park.» Sie rannten so schnell ihre Beine sie trugen, dennoch kam die Diebesbande dem Park immer näher. Plötzlich standen Jolanda und Lucia einem verschlossenen Tor gegenüber. Lucia rüttelte am Torgriff. Abgeschlossen. «Los, Räuberleiter», zischte ihr Jolanda zu. Schnell hatten sie das Tor überwunden. Doch die Diebesbande war nun schon in der Mitte des Parks. Jolanda rannte voran, sie war die sportlichere von beiden. «Warte!», rief Lucia ausser Atem. «Wir haben`s gleich geschafft!», antwortete Jolanda. Endlich hatten sie den Schrottplatz erreicht. Sie konnten gerade noch hinter einen der riesigen Haufen mit Schrott springen, da kamen auch schon die Diebe hinter der Ecke hervor. «Hast du das gehört Mike?», fragte eine tiefe Stimme, «da waren doch Stimmen!» «Ich hab nichts gehört», antwortet ein anderer. «Ich auch not», antwortete noch einer mit starkem englischen Akzent. «Egal gehen wir weiter.» Da klingelte auf einmal wieder Jolandas Handy. «What is this?» fragte wieder der mit englischem Akzent. «Hinter dem Schrotthaufen sitzen zwei Girls.» Die Diebesbande ging auf die Mädchen zu, Jolanda konnte gerade noch den Anruf entgegennehmen, bevor der eine sich Lucia schnappte und in den Schuppen neben dem riesigen Haufen mit Schrott sperrte. Der Mann mit englischem Akzent schnappte sich Jolanda und sperrte sie ebenfalls dort ein. Bald darauf waren die Diebe wieder verschwunden, nur noch das Handy von Jolanda lag am Boden. Der Anruf lief noch. Am Telefon war Luke. Er hatte alles mitangehört. Die Mädchen sassen inzwischen auf dem kalten Boden des Schuppens und hatten jede Hoffnung aufgegeben.
Lucia schreckte hoch. Ihr Kopf lehnte an der Scheibe. Sie schaute auf die Uhr: 4:30h. Hatte sie das wirklich alles nur geträumt? Sie, Lucia Barrios war die ganze Zeit in ihrem Zimmer gesessen und an der Scheibe gelehnt. Sie kroch in ihr Bett und versuchte einzuschlafen. Sie wälzte sich hin und her. Doch sie konnte nicht einschlafen. Schliesslich beschloss sie Jolanda anzurufen. Immerhin war es jetzt 5:00h. Jolanda war eine Frühaufsteherin, das wusste sie. Eine klitzekleine Chance bestand also, dass Jolanda schon wach war. Lucia wählte die Nummer. Tut. Tut. Tut. «Lucia?» «Hallo Jolanda.» «Du bist nicht die Erste, die in dieser Nacht anruft. Stell dir vor die Diebesbande ist gefasst! Luke ist unschuldig. Er hatte rein gar nichts mit der Diebesbande zu tun. Nicht, dass ich mal was anderes gedacht habe. Du sagst ja gar nichts?» «Wow!», mehr brachte Lucia gerade nicht heraus. «Also ich muss dann auch», sagte Jolanda. «Mein Stiefvater hat noch einen Termin bei der Zeitung, diese will so schnell wie möglich über die Unschuld meines Stiefvaters schreiben. Also, tschüssi!» «Ciao!». Lucia legte auf. So aufgekratzt hatte sie ihre sonst so stille Freundin selten erlebt.
Verrückt, das was sie soeben geträumt hat, war nun wirklich geschehen. Also natürlich nicht genauso, aber ähnlich. Manchmal muss man eben einfach an seine Träume glauben.
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