Ich schrecke auf, Panik durchflutet meinen Körper, Tränen laufen mir übers Gesicht. Musik klingt in meinen Ohren, der Text erinnert mich an ihn und macht alles nur schlimmer. Zeilen von Liebe, Schmerz und Sehnsucht dröhnen in meinen Gedanken. Ich rolle mich zusammen und klammere mich verzweifelt an mein Kopfkissen. Als wäre es ein Felsen, der mich vor dem reissenden Fluss schützt. Seit ich vor zwei Wochen geträumt habe, wie er mich so umarmt, ist das die einzige Position, in der ich Ruhe finden kann. Mein Kopf tut weh, meine Arme schmerzen vom Festhalten an meinem Kissen und meine Beine sind müde vom vor- und zurückwiegen in der Hoffnung, ich kann etwas Ruhe finden. Seit Stunden liege ich im Bett und versuche, nicht an ihn zu denken. Hoffnungslos.
Ich bin gefallen. Und ich kann nicht mehr aufstehen, ein dunkler Sog zieht mich immer tiefer nach unten und ich klammere mich an die letzte Hoffnung, mich nicht völlig zu verlieren. Doch in dieser Nacht in meinem Zimmer realisiere ich, es gibt keinen Ausweg. Ich kann ihn nicht vergessen.
Wieso nur nicht? Er ist nicht mehr hier; warum kann ich nur nicht abschliessen und weiterleben? Seit Monaten kann ich an nichts anderes denken als an ihn. Ich werde niemals wieder mit ihm sprechen, geschweige denn auf diese Art, wie es mal war. Unbeschwert, glücklich, verliebt. Das ist lange nicht mehr. Ängstlich, traurig, machtlos – das ist die Realität.
Die schmerzliche Wahrheit ist, er hatte sogar nur Augen für mich. Aber ich habe alles zerstört. In dieser einen Nacht am Fluss.
Wir waren beste Freunde. Bis er mir eines Nachts seine Liebe gestand. Wir liessen uns im Fluss treiben und als die drei Worte fielen, blieb mir nur der Mund offenstehen. Ich bekam keine Luft mehr und in meiner Ungläubigkeit brachte ich nur ein gestottertes «D-das geht … nicht.» heraus. Denn es ging wirklich nicht. Seit wir uns kannten, war ich unsterblich in ihn verliebt und konnte nicht glauben, dass er dasselbe empfand.
Doch in diesem Moment tauchte er unter. Er wollte mich an den Beinen unter Wasser ziehen, sehen, wer unser geliebtes Spiel dieses Mal gewinnen würde. Doch als sich unsere Köpfe schon einige Fuss unter der Oberfläche befanden, schlug sein Kopf an einem Stein auf. Seine Bewegungen wurden schwacher und schwacher. Die Strömung zog ihn weg von mir und warf ihn sogleich wieder in meine Arme, wo er noch einen letzten Atemzug nahm und mit einem erneuten «Ich liebe dich, für immer» auf den Grund des Flusses sank.
Er ist tot. Nun schon mehrere Wochen, aber jedes Mal, wenn ich es ausspreche, kann ich es immer noch nicht fassen. Hätte ich ihm meine Liebe gestanden, wäre wahrscheinlich alles anders gekommen. Sehnsucht und Reue bringen mich um, ein schrecklich lautes Chaos wütet in meinem Kopf. Bis alles still wird. Mit einem Zittern in meiner rechten Hand drücke ich den Abzug und die Dunkelheit um mich herum verschwindet, alles wird hell.
Und am Ende des Tunnels kann ich ihn schon sehen, wie er mich mit ausgebreiteten Armen erwartet…
Hier geht es zu den weiteren Member Stories: