«Das kann doch wohl nicht wahr sein!», schrie Ben und schleuderte einen Stuhl durch den Raum. «10 Jahre suchen wir jetzt schon den Rubin und keinen einzigen Fortschritt!» Im Raum war es still. Alle blickten betreten zu Boden.
John biss sich auf die Unterlippe und tat es ihnen gleich. Wenn man ein Agent ist, durfte man sich keine Fehler erlauben. Und schon gar nicht, wenn es sich um den Bereich der Magie und des Unmöglichen handelte. Es gibt nicht viele, die sich dieser Arbeit als würdig erwiesen, aber er war ein Teil davon, und auch er hatte wie alle anderen versagt.
Seit die Wahrsagerin Phoebe eine Vision hatte von dem Rubin, dessen Blut so schwarz wie die Nacht sei, waren sie auf der Suche nach ihm. «Er wird grosses Chaos anrichten, er wird unser Feind sein», waren ihre Worte. Dabei handelte es sich aber nicht um einen richtigen Rubin, sondern um einen Menschen, der die Kraft des Rubins in sich trug.
Das Ziel: Ihn zu fangen und zu stoppen, bevor er grossen Schaden anrichten konnte.
Da jedes Blut rot ist, hatten sie einen Skorpionring, welcher die wahre Blutfarbe zum Vorschein brachte. Das Blut von Dieben ist z.B. blau, das von ehrlichen Menschen gelb, und so weiter. Nur die Farbe schwarz gab es einmal. Das Treffen wurde beendet und Ben fing John ab, bevor er den Raum verliess. «Ich bin enttäuscht von allen. Besonders von dir, John. Du solltest es besser können.» «Vater…» «Nein!», unterbrach Ben ihn. «Du arbeitest hier im Namen unserer Familie und bist nicht besser als alle anderen! Ich gebe dir noch eine Chance, deine letzte Chance, ihn zu finden. Wenn dir dies nicht gelingt, bist du raus. Noch heute Abend.» Er ließ John ohne ein weiteres Wort stehen. Heute Abend. Das waren gut sechs Stunden.
John spürte, wie Unbehagen in ihm auftauchte. Sein Vater meinte es ernst. Er suchte die Liste der Verdächtigen und machte sich schleunigst auf den Weg.
Der erste war David Clarkson. Er befand sich in einer Bar und war schon sehr betrunken. John warf ihm eine Schlaftablette ins Bier, woraufhin dieser sofort einschlief. Ein kurzer Stich mit der Ringnadel und grünes Blut tropfte heraus. Ein verbitterter Mensch also, aber kein Rubin. Unzufrieden suchte John weiter, diesmal eine Frau Namens Clara Brown. Bei ihr wurde es schon schwieriger. Sie befand sich auf einer Benefizgala und hielt gerade eine Rede. Er hörte geduldig zu und passte sie dann ab, als sie zu Ende gesprochen hatte. «Eine ausgezeichnete Rede, Miss», sagte er und reichte ihr die Hand. «Ich bin Richard Jones», stellte er sich vor. «Clara Brown», entgegnete diese und wollte ihm die Hand schütteln. Sie zog sie allerdings sofort zurück, als sie einen schmerzenden Stich verspürte. Fragend schaute sie ihre Hand an, aus der gelbe Blutstropfen herausliefen. Johns Lächeln erlosch schlagartig. Er rang ein leises: «War schön, Sie kennenzulernen», heraus und verlies den Raum.
Am Abend stand er allein auf einem Hochhaus und starrte in die dunkle Nacht hinaus. Er hatte den Rubin nicht gefunden. 22 Personen hatte er ausfindig gemacht und mit jeder lag er falsch. Ratlos fuhr er sich durch die Haare. Was nun? Er wusste es nicht. Er starrte noch eine Weile vor sich hin, als sein Vater hinter ihm auftauchte. «Und?», fragte er anstatt einer Begrüssung. John zögerte mit seiner Antwort. «Noch nicht. Aber mit genügend Zeit…» Wie immer unterbrach Ben ihn. «Gib mir den Ring», er streckte die Hand aus, «du bist ihm nicht würdig.»
John wollte ihm schon den Ring geben, als er innehielt. Dann schaute er seinem Vater in die Augen und Wut kochte in ihm auf. Er hatte immer getan, was er verlangte und es war nie genug. Egal wie viel er leistete, er war nie zufrieden. «Nein», antwortete er entschlossen. «Ich weiss, dass ich es schaffen werde. Ob mit oder ohne dich.» Offensichtlich überrascht von dieser Antwort blieb Ben still. Dann zogen sich Zornesfalten über sein Gesicht. «Ich bin dein Vater und du tust, was ich sage!», schrie er. «Nein», wiederholte John.
Blind vor Zorn stürmte Ben auf ihn zu, doch John wich aus. Er griff erneut an und dann kämpften die beiden. John mochte ihm zwar körperlich überlegen sein, aber sein Vater hatte mehr Erfahrung und kannte mehr Tricks. Schliesslich schaffte er es, seinen Sohn zu Fall zu bringen und rammte ihm die Ringnadel in die Schulter. Überrascht von diesem Zug schrie John schmerzerfüllt auf. Ben nahm ihm den Ring vom Finger. «Eine einzige Enttäuschung», sagte er nochmals, dann liess er ihn zurück.
Als John sich einigermassen von dem Schmerz erholt hatte, rappelte er sich auf. Er versuchte die Blutung zu stoppen, aber was er dann sah, liess ihm das Blut in den Adern gefrieren. Es war pechschwarz. Sein Blut war so schwarz wie die Nacht. Er schaute auf die kleine Blutlache, welche sich langsam bildete.
«Ich bin der Rubin.»
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