"Der falsche Schritt" – Eine Geschichte von Juna Kleimann - Young Circle

«Der falsche Schritt» – Eine Geschichte von Juna Kleimann

Member Stories 2024

«Der falsche Schritt» – Eine Geschichte von Juna Kleimann

Nach einem tragischen Unfall, der Ilia nicht nur ihre Karriere, sondern auch ihr Bein kostet, findet sie im Krankenhaus einen neuen Lebenssinn: den Traum von den Paralympics. Auf ihrem Weg zurück ins Leben und zum Sport erkennt sie, dass wahre Stärke darin besteht, auch nach einem Tiefpunkt weiterzukämpfen.

Wenn man aus einem absoluten Tief herauskommt und sein Ziel trotz allem erreicht hat, dann ist das wahre Stärke!

Ich liebe es zu turnen. Seit ich klein bin, verbringe ich einen Grossteil meiner Zeit in der Turnhalle. Ich lebe für meinen Sport! Deshalb trainiere ich auch seit der Grundschule in einem Leistungssportzentrum. So komme ich meinem Traum Olympia immer näher.

Ich habe schon an vielen Wettkämpfen teilgenommen. Doch noch nie war einer so wichtig und bedeutungsvoll wie dieser!

Ich trainiere seit Jahren auf diesen Anlass hin: „Die Beine etwas mehr strecken, dann sieht das gut aus!“, ruft mir meine Trainerin zu.

Wie jeden Tag trainiere ich auch heute Geräteturnen. Bald steht die Qualifizierung für Olympia an, bei welcher ich auf jeden Fall gut abschneiden will!

„Ilia, nicht träumen! Wenn du wirklich qualifiziert werden möchtest, musst du jede Sekunde für dein Training nutzen!“ Als nächstes ist das Trampolin dran. Ich seufze. Meine Hände und Füsse schmerzen, doch ich will nicht aufgeben. Sprung ist meine schwächste Disziplin. Wäre das Trampolin jetzt ein Mensch, würde ich sagen, wir wären einfach nicht auf einer Wellenlänge.

Ich stehe fest am Boden, kneife die Augen zusammen und gehe noch einmal die Anlaufphase durch. Dann renn ich los, setze einen Fuss vor den anderen. Plötzlich knicke ich mit dem Fuss um, doch ich renne weiter auf das Trampolin zu. Doch ich springe mit dem falschen Fuss ab, komme schief auf dem Trampolin auf. So schief, dass es mich weg von der Matte wegschleudert. Dann ist alles still.

Ich wache an einem fremden Ort auf, umgeben von Piepen und Blinklichtern. Ich spüre meine Beine nicht mehr. Meine Trainerin sprich mit einem Arzt. Dann werde ich wieder bewusstlos. Als ich erneut aufwache, sitzt meine Mutter neben mir.

Nun bin ich in einem Krankenhauszimmer. Die Operation habe ich überstanden. Mein rechtes Bein musste vollständig amputiert werden. Das linke Bein ist gebrochen, aber das heilt wieder. Mein rechtes Bein hingegen wird nie wieder nachwachsen.

Es ist schrecklich! Ich stecke in einem absoluten Tief, sowohl in meiner Karriere wie auch in meinem gesamten Leben. Wie soll ich jemals wieder normal laufen können, geschweige denn Trainieren?

Es ist totlangweilig im Krankenhaus. Die Tage ziehen sich wie Kaugummi. Ausserdem vermisse ich den Sport! Jede Faser meines Körpers sehnt sich nach Bewegung, nach der Vertrautheit der Turnhalle. Um mich abzulenken, schalte ich den Fernseher ein. Wie von selbst lande ich auf dem Sportsender. Doch was sehe ich da? Könnte das die rettende Idee sein, von der meine Trainerin und der Arzt vorhin gesprochen haben? Schliesslich bin ich nicht die einzige Person auf dieser Welt mit einer Beeinträchtigung. Es gibt sogar die Paralympics für Sportler wie mich, die sich von einer Veränderung im Leben nicht von ihrem grossen Traum abhalten lassen. Warum habe ich daran nie zuvor gedacht?

Mein Herz beginnt schneller zu schlagen, und mein Gesicht hellt sich auf. In mir flammt ein Licht auf. Eines, das unvorstellbar hell leuchtet. Heller als die Sonne und die Sterne zusammen. Es ist ein Leuchten, das mich tief im Inneren berührt und mir neuen Mut schenkt. Jetzt habe ich wieder ein erreichbares Ziel vor Augen, für das es sich lohnt, jede Anstrengung auf sich zu nehmen und alles zu geben.  

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