Unauffällig zupfe ich die Ärmel meines Oberteiles zurecht. Gerade übers Handgelenk, so, dass niemand etwas von meinem Rückfall letzte Nacht erfahren würde.
Deutsch – das Fach, welches mir immer so viel Freude bereitet hatte. Heute kommt es mir vor wie eine ewige Tortur.
Ich will schlafen. Sehr lange. Nie mehr aufwachen will ich.
«Ebony, würdest du bitte wiederholen, was ich gerade gesagt habe?», die Worte der verärgerten Lehrerin unterbrechen meine dunklen Tagträume. Ich habe keinen Schimmer, worüber Frau Hummel die letzte halbe Stunde gesprochen hatte, und bringe nur ein Schulterzucken hervor. Das Lachen der anderen Schülerinnen und Schüler ist mir herzlich egal. In mir drin schmerzt eh alles.
Den Rest der Stunde überstehe ich irgendwie, zum Glück ist es die letzte für heute. Beim Verlassen des Klassenzimmers fange ich einen weiteren abschätzigen Blick der Lehrerin ein.
Endlich bin ich alleine. Hinter der verschlossenen Tür meines Kinderzimmers, wo ich mich weder sicher noch zu Hause fühle, verbringe ich beinahe alle meine Zeit.
Ich bin in meinem Kopf, in all den schwarzen Gedanken, gefangen. Ich will, dass es aufhört.
Ich werfe einen Blick in den Spiegel, sehe dem Mädchen, welches mich anstarrt, in die Augen. Diese Augen sehen leer aus, fast so, als ob man durch sie hindurchsehen könnte.
So bin ich nicht. Das ist nicht die Ebony, die noch vor eineinhalb Jahren ihren Träumen nachgetanzt ist, fleissig Klavierstücke übte und mit ihren Freundinnen über dieses und jenes Belangloses sprechen konnte.
Das Mädchen, das mich noch immer anstarrt, ist eine jämmerliche Hülle des wahren Ichs.
Wird es mir jemals wieder besser gehen? Sag mir, wann hört dieser verdammte Schmerz auf?