"Das Jahr 2000" – Eine Geschichte von Mia Schindler - Young Circle

«Das Jahr 2000» – Eine Geschichte von Mia Schindler

Member Stories 2024

«Das Jahr 2000» – Eine Geschichte von Mia Schindler

Als das Jahr 2000 naht, treffen sich Anna und ihre Freunde auf ihrem Lieblingshügel, um Silvester zu feiern und über die Zukunft zu spekulieren. Während sie sich zwischen Witzen und alten Erinnerungen näherkommen, geschieht das Unerwartete: Ein impulsiver Kuss und ein Versprechen für die Zukunft, das zehn Jahre später in einer Hochzeit verwirklicht wird.

Die Sterne standen hoch am Himmel, als wir unseren Lieblingshügel hinabliefen. Das Dorf unter uns, war hell beleuchtet.

» Ich kann es nicht glauben, dass es schon so weit ist. «

Katie hatte recht. Das Jahr 2000 war nur noch zehn Minuten von uns entfernt und man konnte die Spannung fast riechen. Eine Frage stand im Raum: was wäre morgen.

» Michi hat gewettet, dass, wenn er überlebt, er seine Comic Sammlung verschenkt. «

Ich rollte genervt mit den Augen. Dieses Apokalypsen-Gefasel ging mir auf den Wecker.

» Sei ehrlich, was sollte schon gross passieren? «

Johannes wollte schon den Mund öffnen, doch Katie unterbrach ihn.

» Lass es! Unsere Realistin kannst du eh nicht umstimmen. «

» Also, ich stimme ihr zu. « 

Toni, der Letzte unserer Gruppe schloss zu mir auf. Er hatte sich für heute richtig rausgeputzt und Jeans ohne Löcher angezogen.

» Natürlich stimmst du ihr zu. «

Johannes konnte sich so viel beschweren wie er wollte, aber mir war das egal. Ich war nur froh, von meiner Familie losgekommen zu sein. Meine Tante schob Krise und Mutter scheuchte mich in der Gegend herum. Nicht mal an Silvester konnte man ungestört ins Internet, denn Mama musste natürlich mit ihrer Freundin telefonieren. Wenn morgen mein Computer nicht mehr funktionieren würde, hätte ich gerne die Zeit noch genutzt. Aber was bringt es schon sich zu beschweren. Der einzige Vorteil an dem Ganzen war, dass ich die Madonna CDs von meiner Cousine haben durfte, da sie fest an den Weltuntergang glaubte. Gut, als das Ozonloch Thema war, durfte ich ihren Walkman haben.

» Irgendwie bin ich schon aufgeregt. «

Toni lag richtig. Die Aufregung kribbelte unter der Haut. Jetzt wollte ich es wirklich wissen. War des Gerede wirklich echt oder nur grosser Blödsinn. Ich sah Toni zu, wie er sich zu den anderen beiden umdrehte. Man sah ihm an, dass er Depeche Mode Fan war. Seine Martin Gore Frisur war die neuste Massnahme, seine Mutter auf die Palme zu bringen. Auch wenn er damit in den Achtzigern fest hing, störte ihn das nicht.

» Hier können wir stehen bleiben. Die Sicht über die Stadt ist super. «

Wir blieben stehen und drehten uns Synchron um. Die zwei anderen hatten es sich im Gras gemütlich gemacht und zwei Partyhüte heraus gekramt. Ein Lächeln ging über mein Gesicht, als ich die beiden Chaoten beobachtete.

» Wie spät ist es? «

Ich schaute fragend zu Toni. Er zog seinen Ärmel nach hinten und sah auf seine Uhr.

» Noch fünf Minuten. «

Er legte seinen Arm um mich. Die Schmetterlinge in meinem Bauch wurden aufgescheucht. Ja, ich gab es zu, ich hatte Gefühle für den Martin Gore Imitator entwickelt. Ein bisschen zu viele Gefühle. Ich spürte seine Körperwärme am mir und ich lehnte mich müde gegen ihn.

» Ist dir kalt? «

Er fuhr mit seiner Hand über meinen Arm. Meine Härchen stellten sich dort auf, wo er mich berührte. Um mich nicht zu verraten, nickte ich abwimmelnd. Keine zehn Pferde würden mich dazu bringen, unsere Freundschaft aufs Spiel zu setzen. Ungläubig sah ich zu, wie er seinen Ledermantel auszog und mir um die Schultern legte. Ich musste so rot wie eine Tomate geworden sein.

» Aber…«

Er unterband meine Beschwerden, indem er einen Finger auf meine Lippen legte.

» Sag nichts, nimm es einfach an. «

» Wenn ich überlebe, könnt ihr mein Monchhichi
haben.«

Als Katie fertig gesprochen hatte, sah sie Johannes auffordernd an. Dieser schaute nachdenklich in den wolkenlosen Himmel.

» Ihr könnt meinen kleinen Bruder haben, brauch ich eh nicht. «

Jetzt war Toni an der Reihe. Er war mir noch immer so nah und machte keine Anstalten, das zu ändern. Das Schmunzeln, dass sich auf seine Lippen legte, gefiel mir nicht. Das hatte er sonst, wenn er wieder plante etwas Dummes zu tun. Wie, als er Frau Fröhlichs Aufgabenbücher mit Playboys ausgetauscht hatte.

» Ich schwöre, wenn ich überlebe, dass ich dich Anna Meier, in zehn Jahren zu meiner Frau nehmen werde. «

Empört schlug ich ihm spielerisch gegen die Brust.

» Machen Sie keine Versprechen, die Sie nicht halten können, Mister Gore. «

Er lachte amüsiert auf. Mein Herz schlug so laut, dass ich Angst hatte man konnte es hören. Er machte nur wieder irgendwelche Spielchen mit mir.

» Mach schon Kumpel, du hast noch eine Minute Zeit sie zu fragen. «

Mein Herz sackte mir bis in die Schuhe. Was hatte das jetzt zu bedeuten? Etwas verlegen fuhr er sich durch die blondierten Haare.

» Wärst du vielleicht bereit, wenn wir überleben, meine Freundin zu sein? «

Ich legte meine Arme um seinen Nacken. Mit einem ehrlichen Lächeln sah ich ihn an.

» Natürlich du Idiot und jetzt küss mich, solange wir noch leben. «

Seine Lippen trafen auf meine und ein erleichtertes Seufzen entfuhr mir. Im Hintergrund hörte ich meine Freunde Frohes Neujahr schreien, als wir uns voneinander lösten. Er blickte auf seine Uhr. Es zeigte ein paar Sekunden nach Mitternacht an.

» Am Leben! «, stellte er nüchtern fest.

Es fühlte sich so surreal an, als ich die Hochzeitstorte ansah. Toni hatte sein Versprechen gehalten und jetzt ein bisschen mehr als zehn Jahre später war es so weit. Katie stellte sich zu mir und nickte andächtig.

» Wer hätte gedacht, dass wir hier einmal stehen würden? «

» Ich hab’s von Anfang an gewusst. «

Johannes grinste von einem Ohr zum anderen. Das Ja-Wort war gegeben, jetzt war es offiziell. Ich war eine Martinson. Auch wenn meine Freunde einen anderen Namen bevorzugten.

» Ja ja, sicher. «, gab Katie genervt von sich und drehte sich dann zu mir.

» Wie fühlt es sich an eine «Gore» zu sein? «

» Es könnte nichts besseres geben. «

Toni umarmte mich von hinten. Die blondierten Haare waren verschwunden, aber es stand noch der selbe Junge wie damals vor mir.

» Hoffe ich doch. Bereit den Kuchen anzuschneiden? «

» Nur wenn du bereit bist, Kuchen im Haar zu haben. «

Hier geht es zu den weiteren Member Stories:

Bewertung