Der Herbst ist wundervoll. Der Wind weht und die Blätter verfärben sich so schön braun, rot, orange und gelb. Das denke ich mir jedes Mal, wenn ich die Allee an Bäumen nach Hause laufe. Neben mir niest jemand und ich schaue meinen besten Freund an. „Der Herbst ist kalt, dreckig, regnerisch und fad. Wie kann man den Herbst nur mögen?”, grummelt er missmutig. Ich seufze und schaue ihn an. „Was bist du so missmutig?”. Er schaut mich ebenfalls an: „Naja, ich finde es unverständlich, wie man den Herbst nur mögen kann.”
Wir laufen bis zu meiner Haustür. Ich drehe mich noch ein wenig um und schaue ihn an.
„Gut, dann bis morgen”, sage ich nun ebenfalls ein wenig trüb. Bevor er sich ebenfalls verabschieden kann, bin ich schon im Haus verschwunden. Er weiss nicht, wie sehr es mich verletzt, wenn man so schlecht über etwas redet, was ich liebe. Wir kennen uns schon so lange, und langsam nervt es mich wirklich, wenn er jedes Jahr aufs Neue den Herbst runter spricht. Was niemand weiss, ist das ich ihn eigentlich sehr gerne hab, mehr als nur freundschaftlich. Ich mag es wie wir offen und ehrlich miteinander reden können und wie wir jeden Tag gemeinsam nachhause laufen. Ich seufze und lasse mich auf mein Bett fallen. Aber leider kann man dagegen nichts machen.
Ein paar Tage später laufen wir wieder miteinander nach Hause und ich warte nur darauf, dass er sich wieder aufregt. Jedoch dreht er sich leicht zu mir und nuschelt: „Hast du schon, was vom Herbst Schulball gehört?”. Ich nicke und sage dann: „Na klar, wie auch nicht.”
Er atmet durch und bleibt dann stehen. Verwirrt tue ich das gleiche. Er schaut runter und wippt leicht hin und her. „Charlie, alles o-”, „Willst du mit mir zum Herbstball gehen?”, unterbricht er mich. Ich schaue ihn überrascht an. Er starrt weiterhin auf den Boden. Ich merke, wie mir die Röte in die Wangen schießt. „J-ja klar”, sein Blick schnellt hoch. „Wirklich?”, er schaut verwundert. „Ja, wieso nicht?”, ich lächle. „Gut, dann hole ich dich morgen ab?”, er schaut mich lächelnd an. „Okay, bis morgen”, ich drehe mich um und renne schnell rein in mein Haus.
Heute ist endlich der Herbstball. Ich habe ein leicht rötliches Kleid an und meine Haare nach oben zu einem Dutt gebunden. Nervös warte ich auf Charlie und laufe dann zum Fenster, um nach draussen zu gucken. Er läuft gerade die Stufen hoch und richtet seinen Anzug nochmal. Ich strahle und springe auf. Renne zur Tür, da klopft es schon. Ich mache auf und lächle ihn an.
Er mustert mich von oben bis unten und lächelt dann. „Du siehst wunderschön aus”, er schaut mir in die Augen. „D-danke”, stottere ich leicht und ziehe meine Jacke dann an. Er wartet, bis ich fertig bin und streckt dann seine Hand nach mir aus. „Darf ich bitten?”, er grinst und ich nehme seine Hand. Wir laufen gemeinsam zur Sporthalle unserer Schule. Viele Leute tummeln sich dort schon und ich schaue mich um. Wir gehen dann rein und werden mit einem Schwall, heisser Luft begrüsst. „Wow tut das gut”, er grinst und ich muss lachen. Es tanzen Pärchen auf der Tanzfläche, Mädchen stehen lachend beim Fotoautomaten und am Buffet ist auch schon eine lange Schlange. „Ich war noch nie hier, hätte nicht gedacht das hier wirklich so viele Schüler hinkommen”, er schaut erstaunt herum. „Hey!», boxe ihn, „denkst du, ich bin die einzige?”. Er lacht und wir laufen an einen Tisch. Ich setze mich und er fragt: „Soll ich uns was zum Trinken holen?”. Ich nicke und antworte: „Gerne.”
Der Abend vergeht schnell. Zusammen tanzen wir sanft im Takt der Musik. Wir schauen uns an. Das Licht ist gedimmt, jedoch sehe ich jedes einzelne Detail in seinem Gesicht. Ein leichtes Lächeln breitet sich bei ihm aus. „Mir ist das vorher schon aufgefallen”, flüstert er leise und holt mich somit aus meiner Trance zurück. „Was denn”, flüstere ich zurück. „Selbst deine Augen haben die Farben des Herbstes.” Ich schaue ihn weiterhin an und höre zu. „Braun, ein wenig rot und Haselnuss, aber auch ein wenig grün”, murmelt er.
„Ich fange an, den Herbst immer mehr zu mögen und dreimal kannst du raten, wem ich es zu verdanken hab”, er lächelt leicht und beugt sich dann nach vorne. Ich schliesse meine Augen und unsere Lippen berühren sich. Die Musik rückt in den Hintergrund und wir sind die einzigen auf der Tanzfläche. Nach einer Weile öffnen wir beide wieder unsere Augen und schauen uns an. Ich weiss nicht, was ich sagen soll, doch er übernimmt es für mich. „Ich liebe dich Hazel”, ich lächle und wir küssen uns wieder.
Und so ging mein perfekter Herbst aus. Geprägt von kühlen Küssen und farbigen Blättern.
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