"Blutige Ehe" – Eine Geschichte von Norma Heinzmann - Young Circle

«Blutige Ehe» – Eine Geschichte von Norma Heinzmann

Member Stories 2024

«Blutige Ehe» – Eine Geschichte von Norma Heinzmann

Vor dem einst geliebten Backsteinhaus verspürt die Protagonistin panische Angst, während sie sich vor ihrem verfolgenden Ex-Liebhaber Lan versteckt. Doch als ihr Ehemann Thomas sie findet, wird schnell klar, dass nicht nur Lan, sondern auch er ein dunkles Geheimnis über ihre Vergangenheit kennt – und die Nacht könnte tödlich enden, wenn die Polizei nicht rechtzeitig eingreift.

Keuchend blieb ich vor dem kleinen Backsteinhaus stehen.

Einst bedeutete dieser Ort für mich Zuflucht und Geborgenheit, doch im Augenblick verspürte ich nur rasende Angst.

Hektisch blickte ich mich um.

Von meinen Verfolgern fehlte jede Spur.

Doch ich wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis sie mich finden.

Mein Herz klopfte mir bis zum Hals und der Schweiss tropfte mir von der Stirn.

Meine Gedanken schweiften für wenige Sekunden ab und vor mir sah ich Lans mordlustiges Gesicht.

Ich schüttelte mich und kehrte rasch wieder in die Gegenwart zurück.

Ich schaute mich erneut um und da hörte ich leise Schritte hinter mir.

Ich wollte wegrennen und mich in Sicherheit bringen, doch mein Körper gehorchte mir nicht.

Ich konnte mich nicht rühren.

Plötzlich legte sich eine kalte Hand über meine Lippen.

«Ich bin’s doch nur», flüsterte eine Stimme.

Eine Welle der Erleichterung durchfuhr mich, als ich erkannte, dass es nur Thomas war.

Doch diese Erleichterung hielt nicht lange an.

«Komm ich kenne einen Fluchtweg», wisperte er und nahm meine Hand.

Wir rannten nun zu zweit durch den Wald.

Es wurde immer finsterer.

Bald konnte ich meine eigene Hand vor Augen nicht mehr sehen.

Er brachte mich trotz der Dunkelheit sicher aus dem Wald.

Jedenfalls wenn man über die blauen Flecken und Kratzer hinwegsah, die ich mir bei unserer überstürzten Flucht zugelegt hatte, als ich auf dem steinigen Weg hingefallen bin.

Dann liefen wir eine schmale Strasse entlang und hielten vor einem leerstehenden Lagerhaus an.

«Hier können wir uns erstmal verstecken», raunte mir Thomas zu.

Es war unheimlich still.

Diese Stille wurde nur von meinem panischen Wimmern durchbrochen.

Wieder sah ich Lan vor meinem inneren Auge.

Er hielt ein Messer in der Hand und er wäre dazu in der Lage gewesen mir damit das Leben zu nehmen.

Wäre die Polizei damals nicht rechtzeitig eingetroffen.

Das alles geschah vor rund einem Monat.

Lan hatte diesen Monat hinter Gittern verbracht, doch nun war er entkommen.

Und er war nicht allein, er hatte seine Freunde bei sich…

Thomas strich mir sanft über meinen Handrücken und unterbrach mein Gedankenkarussell.

Ich sah ihn dankbar an und drückte seine Hand.

Die einzige Möglichkeit Lan und seinen Anhängern zu entkommen, war die Polizei zu verständigen, ehe sie uns finden.

«Hast du ein Handy dabei?», fragte ich ihn.

«Natürlich», erwiderte er gelassen.

Ein seltsamer Ausdruck huschte über sein Gesicht und ein mulmiges Gefühl beschlich mich.

Thomas hielt es mir unter die Nase und als ich danach greifen wollte, zog er es von mir weg.

Überrascht riss ich die Augen auf.

«Was ist los, hast du kein Akku mehr», schrie ich angstvoll.

«Akku habe ich genug und das ist auch nicht das Problem», erwiderte er.

Wieder sah Thomas mich seltsam an und meine Schuldgefühle wuchsen von Sekunde zu Sekunde.

Thomas und ich waren seit zwanzig Jahren glücklich verheiratet, doch zu Beginn unserer langjährigen Ehe habe ich einen Fehler gemacht.

Einen grossen Fehler.

Ich habe ihn mit Lan Murphy betrogen.

Doch dann habe ich die heimliche Beziehung zu Lan abrupt abgebrochen, weil mir mein schlechtes Gewissen keine Ruhe liess.

Daraufhin wollte sich Lan Jahre später an mir rächen und hätte mich um ein Haar umgebracht.

Thomas hat nie etwas davon erfahren, aber manchmal hatte ich das Gefühl er würde etwas ahnen.

Jedoch versuchte ich mir einzureden, dass es nur an den Schuldgefühlen lag.

«Was ist es dann», antwortete ich darauf.

«Du bist das Problem», brüllte Thomas.

Mein Blut gefror in meinen Adern.

Ob er wirklich etwas von meiner dunklen Vergangenheit wusste?

Thomas Augen wurden zu Schlitzen, seine Augen wirkten wie zwei schwarze Löcher und die Ader an seiner Schläfe pulsierte wie verrückt.

Dieser Anblick schien all meine Zweifel in Luft aufzulösen.

Thomas holte aus und schlug mir mitten ins Gesicht.

Ich taumelte und mein Kopf donnerte an die Wand.

«Du kleines Miststück hast mich vor so langer Zeit betrogen.

Dachtest du wirklich du würdest damit davonkommen?», schrie er und seine Stimme hallte nur so durch das alte Gebäude.

Sowohl Lan als auch Thomas wollten mich tot sehen.

Diese Nacht würde ich nicht überleben, soviel war klar.

«Ich weiss es schon lange, viel zu lange.

Und nun habe ich endlich die Möglichkeit es dir heimzuzahlen», tobte er weiter.

Er packte mich am Arm und schleuderte mich zu Boden.

«Hör auf, bitte hör auf», flehte ich, obwohl ich wusste, dass es nichts bringen würde.

Der nächste Schlag folgte und die Welt begann vor meinen Augen zu tanzen.

Mein Kopf dröhnte und jede Zelle meines Körpers schmerzte.

Das letzte, was ich in meinem Leben tun konnte war, ihm die Genugtuung mich weinen und schreien zu sehen, nicht zu gönnen.

Also biss ich die Zähne zusammen.

Ich wusste das es nicht gerade unverdient war.

«Wie hast du es herausgefunden?», fragte ich Thomas um Zeit zu schinden.

Er packte mich am Kragen meiner blutverschmierten Bluse und presste mich an die Wand.

«Dein Freund hat mir ein Ultimatum gestellt.

Entweder hätte ich unsere Beziehung beenden sollen oder er würde dich umbringen und mir die Schuld geben, aber ich wusste, dass er dich viel zu sehr liebt, um dir etwas anzutun.

Ich wusste immer schon, dass er dich liebt.

Also habe ich nur auf den richtigen Augenblick gewartet.

Das letzte Mal bist du mir entkommen, weil Lan eingegriffen hat», fuhr er mit rauer Stimme fort.

«Was, wie…», stammelte ich.

«Er hatte nie vor dich umzubringen, er wollte dich bloss beschützen.»

Wie vom Blitz getroffen stand ich geschockt da.

Thomas lachte mir hasserfüllt ins Gesicht.

Ich blinzelte und hielt nach Thomas Handy Ausschau, da es vielleicht meine letzte Chance war zu entkommen.

Da lag es am Boden nicht weit von meinen Füssen entfernt.

Etwas von meinem Blut klebte am Display.

Gerade als ich danach greifen wollte, durchschaute er meinen Plan und zerrte mich zu Boden.

Er wollte mich zum gefühlt 100sten Mal schlagen, als die Tür der Halle schwungvoll geöffnet wurde.

Lan stand im Türrahmen und ich hörte Polizeisirenen, das war das letzte, was ich mitbekam, bevor ich das Bewusstsein verlor.

Ende ?

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