"Die, die sich für andere geopfert hat" - eine Geschichte von Nina Leuenberger - Young Circle

«Die, die sich für andere geopfert hat» – eine Geschichte von Nina Leuenberger

Member Stories 2020

«Die, die sich für andere geopfert hat» – eine Geschichte von Nina Leuenberger

Tagebuch von Zoey Swan

Ich lebe noch. Ich versuche mich jetzt schon seit 1 Jahr, 5 Monaten und 27 Tagen umzubringen. Leider hat es noch nicht geklappt, weil die Bodyguards meines Vaters mich andauernd im Auge haben, damit sein Goldesel nicht stirbt. Kleiner Tipp: Der Goldesel bin ich. Er verlangt Geld von jungen Männern, damit sie mit mir auf ein ,,Date,, gehen können. Keine Ahnung, warum so viele Männer mich daten wollen. Allerdings, hat kein Date länger gedauert als 5 Minuten, weil ich fast alle Verehrer zusammengeschlagen habe. Kurz gesagt, ich hasse Männer. Mein Vater hat mich anschliessend auch geschlagen, das machte mir aber nichts aus, weil ich mir selber schon viel schlimmere Dinge angetan habe als das. Habe ich dir überhaupt schon erzählt warum ich so bin, wie ich jetzt bin? Ich glaube nicht. Also, wo fange ich an? In der ersten Klasse war ich in einen Jungen mit dem Namen Louis Grew verliebt, in der vierten Klasse in Thomas Zypern und in der sechsten Klasse in einen gewissen Peter Sutter. Es gab noch mehr aber ich erspare dir die lange Liste. In der siebten Klasse habe ich die Gefühle zu männlichen Lebewesen abgeschaltet, habe meinen Style geändert, habe meine Freunde verlassen und ich wurde zum gehassten bad girl. Ehrlich gesagt, mag ich diesen Titel sehr gerne. Und plötzlich starb meine Mutter  bei einem Autounfall, das hat mich zur Selbstmörderin gemacht. Meine Mutter war mein Licht in der Dunkelheit, sie war ein Zeichen von Liebe und Treue. Ohne sie konnte und wollte ich nicht mehr Leben. Und was machte mein Vater? Er sperrte mich in mein Zimmer indem ich schon mein halbes Leben darin verbringe und mich nach dem Tag sehne, wann ich endlich tot bin.

Kapitel 1

Heute ist es so weit. Heute darf ich endlich aus diesem lausigen Zimmer raus und ein bisschen in der Wohnung umher laufen. Ich höre, wie ein Bodyguard die Tür zu meinem Zimmer aufschliesst. Als die Tür offen ist, springe ich aus dem Zimmer und öffne jede Tür, um nach zu sehen, ob es irgendwo eine Tablette oder ein Messer hat, aber nirgendwo habe ich etwas der gleichen gefunden. Eine Tür, die ich noch nicht geöffnet habe, ist eine blau angestrichene Tür, die mit Blumen verziert ist. Ich öffne sie und darin befinden sich verschiedene Möbel, Schmuck und sonstigen Kram. Ich trete an den Schreibtisch, der rechts von der Tür steht und bemerke, dass dieser Schreibtisch meiner Mutter gehörte. Genau genommen, ist alles in diesem Raum vom meiner Mutter. Ich öffne alle Schubladen von Schreibtisch, alle sind leer, ausser eine. Diese Schublade ist verschlossen. Ich suche nach einem Schlüssel, aber ich finde keinen. Ich durchsuche dem Raum und mein Blick bleibt an einem giftgrünen Brieföffner hängen. Diesen Brieföffner bekam meine Mutter von mir zu Weihnachten. »Jackpot«, sage ich und versuche mit dem Brieföffner die Schublade zu öffnen. Diesen Trick, habe ich in einem FBI Film gesehen. Es braucht einen Moment, bis ich die Schublade schliesslich öffnete. In der Schublade befindet sich eine Karte, eine Karte von der Stadt Meerwil in der ich wohne. Auf dieser Karte, ist ein Stern eingezeichnet und auf den Stern steht ich der Handschrift meiner Mutter, Zoey Swan. Das ist mein Name. «Was hat das nur zu bedeuten», frage ich mich. Ich zerbreche mir den Kopf was dieser Stern zu bedeuten hat und während ich hin und her laufe versuchte ich heraus zu finden wo dieser Ort ist. «Es ist die alte Lagerhalle, neben der Gelateria», sage ich leise damit, die Bodyguards vor der Tür das nicht hören. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich dieser Karte folgen soll oder nicht.

Kapitel 2

Ich habe mich jetzt entschieden, ich werde der Spur nach gehen und wenn sie nur eine Sackgasse ist, werde ich mich anschliessend von einer Brücke stürzen. Ich sehe mich im Raum um, ausser einem Fenster sehe ich keinen Ausweg und ich kann ja kaum durch die Tür spazieren und sagen: «Bye Dad, ich gehe jetzt mal zur alten Lagerhalle, weil meine verstorbene Mutter mich dorthin schickt.» Ausserdem, würde er mich sowieso nicht gehen lassen, ihr wisst schon wieso. Ich schaue aus dem Fenster und stelle fest, dass das Zimmer sich nur im ersten Stock befindet, also einen Klacks. Ich mache das Fenster auf, stehe auf die Fensterbank und springe ohne nachzudenken aus dem Fenster. Als ich gelandet bin, schaue ich noch mal auf das geöffnete Fenster und laufe dann in Richtung Zentrum Meerwil. Die Gelateria ist eines von vielen Geschäften, die in der World Street zuhause sind. Die alte Lagerhalle ist ein bisschen unpassend, im Vergleich zu den neumodischen Gebäuden, aber diese Lagerhalle, sowie der dazu gehörende, alte Bahnhof gehören zu dieser Stadt. Als ich bei der Gelateria ankomme, brauche ich einen kurzen Moment um mich vom Sprint zu erholen. Nachdem ich mich ein bisschen erholt habe, laufe ich zum Eingang der alten Lagerhalle und klopfe an die Tür. Als die Tür sich öffnet , falle ich fast in Ohnmacht.  

Kapitel 3

Vor mir steht eine Frau mit roten Locken und diese Frau sieht aus, wie meine verstorbene Mutter. Aber meine Mutter hat braune Haare, nicht rote. Sie sieht mich ein paar Sekunden streng an und sagt anschliessend: «Zoey? Zoey Swan?» – «Ja ich bin Zoey, ich habe dich so vermisst Mami», sage ich und wollte sie gerade umarmen, als sie zu mir sagt: «Ich bin nicht deine Mutter, ich bin deine Tante, deine Mutter und ich waren Zwillinge.» «Meine Mutter hat mir nie etwas von einer Zwillingsschwester erzählt», sagte ich und schaute sie ungläubig an. «Ich selbst weiss es auch erst seit dem Tod deiner Mutter», beginnt sie zu erzählen, «Ich habe sie nie kennengelernt. Nach der Geburt, wurde bei mir eine tödliche und sehr ansteckende Krankheit entdeckt, darum haben mich meine Eltern in ein Kloster gesteckt, damit ich friedlich sterben konnte. Was die Ärzte nicht wussten, war dass ein Kraut mit Namen Nelkenwurz, diese Krankheit heilen konnte. Als ich 16 war, schmissen mich die Nonnen aus dem Kloster, weil ich eine Nonne beschimpft habe und alle dachten das ich eine Anhängerin von Satan bin. Und als sie mich rausgeschmissen haben, hatte ich keine Ahnung wohin ich gehen sollte, bis ich diese Lagerhalle entdeckt habe. Seitdem wohne ich hier.» Ich brauche einen Moment, um das zu verkraften, was sie mir da gerade erzählt hat, meine Grosselter, haben meine Tante weggegeben, in diesem Moment, als sie ihre Eltern am meisten gebraucht hat. «Willst du herein kommen?», fragt sie mich und ich nickte. Ich trete ein und sehe mich um. Die Lagerhalle ist in 3 Stöcke aufgeteilt. Auf der ersten Ebene befindet sich ein Wohnzimmer, mit einer Küche, einem Tisch und mit zwei Stühlen. Ausserdem führen Zuggleise, in die Lagerhalle und enden bei einem Prellbock. Soweit ich das sehen kann, befindet sich auf der zweiten Ebene nur ein Bett. Was auf der dritten Ebene ist, kann ich nicht sehen, aber es scheint etwas wichtiges zu sein, weil ein grosses Lacken über die ganze Etage hängt. «Für was ist dieses Laken?», frage ich. Meine Tante antwortet «Ach das, dort oben befindet sich nur so altes Zeugs.» Im nächsten Moment, wird die Tür aufgerissen und die Polizei stürmt in die Lagerhalle.  

Kapitel 4

Ein Polizist schreit: «Hände hoch. Zoey Swan, sie werden als vermisst gemeldet. Lilly Swan, sie sind verhaftet, wegen Kindesentführung.» Lilly Swan?.Das ist der Name meiner Mutter, aber sie ist bei einem Autounfall gestorben, denke ich und im nächsten Moment griff meine Tante mich an dem Arm und zieht mich zum Wohnzimmertisch. Als wir darauf stehen, stampft sie zwei Mal auf die Tischplatte, anschliessend fahrt die Tischplatte nach unten und ein zweiter Boden schliesst das Loch, indem wir verschwinden . Die Platte, fahrt uns immer weiter hinunter und auch weiter in die Dunkelheit. Als wir am Boden ankommen, steige ich ab der Tischplatte und frage meine Tante: «Gibt es hier unten auch Licht?» Nach wenigen Sekunden leuchtet die Tischplatte auf und ich kann endlich erkennen, wo wir sind. Wir befinden uns in einem kleinem Raum, indem sich zwei Regale mit verschiedenen Weinflaschen befinden. «Zoey, ich muss dir unbedingt etwas erzählen.», sagt sie und legt eine lange Pause ein. Nach einer Weile sagt sie: «Zoey, ….. Ich bin deine Mutter.÷

Kapitel 5

«Was? Nein, meine Mutter ist bei einem Autounfall gestorben», schreie ich sie an. «Ich weiss, dass es für dich sehr schwierig ist», fängt sie an zu erzählen, «Ich habe meinen Tod vorgetäuscht, weil ich dich beschützen wollte. Dein Vater ist ein Dieb und ein Mörder. Als er auf dem College war, hat sein Mitbewohner ein Roman geschrieben, aber sein Mitbewohner hatte Zweifel den Roman zu veröffentlichen. Also schlug dein Vater ihm vor, dass er in durchlesen würde und ihm seine Meinung, über das Buch sagen würde. Stattdessen veröffentlichte dein Vater den Roman und gab ihn als sein eigenes Buch aus. Als sein Mitbewohner das mitbekommen hatte, stellte er ihn eines Abends zur Rede. In dieser Zeit waren dein Vater und ich schon ein Paar und ich war neugierig, was sie so machten. Also folgte ich ihnen, bis sie in den Aufenthaltsraum abbogen, der zu dieser Zeit leer war.  Als ich hinter einer Säule hervor blickte, schlug dein Vater ihn mit einem Stuhl nieder und schlug anschliessend noch ein paar Mal in ihn ein. Er hatte es nicht gemerkt, das ich seinen Mord gesehen habe. Vor Gericht wurde ein Mädchen, dass sich als die Freundin vom Toten herausstellte, mit  lebenslänglich bestraft. Die Jahre zogen vorüber und dein Vater wurde immer wie reicher und die Schuldgefühle plagten mich in den Schlaf. Als du auf die Welt gekommen bist, wurde es ein bisschen besser, fast keine Albträume mehr, bis du eines Tages mit einem Comic nach Hause gekommen bist, indem genau das gleiche passiert ist, wie auf dem Collage. Ich beschloss, deinem Vater alles zu erzählen und ihm zu überreden sich zu stellen, aber er wollte nicht. Er wurde immer wütender, bis der mich durchs Haus jagte. Ich flüchtete ins Auto und fuhr aus der Stadt heraus. Ich habe eine Weile nicht auf die Strasse geschaut, dadurch ich von der Strasse abkam und sich das Auto überschlug. Als ich aufwachte, lag ich auf der Seite, ich blutete überall und mir war schwindelig. Ich weiss nicht mehr , wie ich ein Handy gefunden habe und meine Mutter angerufen habe, aber ich habe es getan. Als es mir wieder besser ging erzählte ich meinen Eltern alles, und ich habe sie überredet, so zu tun, als wäre es ein Autounfall gewesen. Ich kaufte mit Hilfe meiner Eltern die Lagerhalle und habe versucht Beweise zu finden die deinen Vater in das Gefängnis bringen könnten. Ich bin so nah dran, so nah dran Zoey. Im obersten Stock, bei dieser Etage, über der ein Lacken hängt, dort befindet sich ein Tresor, indem ich alle Beweise aufbewahre. Ich wusste das dein Vater irgendwann herausfinden würde, das ich nicht tot bin, darum habe ich vorgesorgt. Er kann die Beweise nicht verbrennen und der kann sie auch nicht verschieben .Das ist das sicherstes Versteck.» «Aha, du versteckst also Beweise in einem Tresor, gibt es sonst noch was, was ich wissen sollte?» «Nein, im Moment ist das alles was du wissen sollst, aber wir haben jetzt keine Zeit , die Polizei könnte uns jeden Moment finden und ich bin mir sicher, dass sie für deinen Vater arbeiten. Also los.» antwortet sie mir und zieht mich mit. Sie zieht mich zu einer Tür, die sie öffnet und wir hindurch gehen.

Kapitel 6

Ich erblicke das Sonnenlicht und sehe mich um. Wir befinden uns auf dem alten Bahnhof, von den Perrons ist nicht mehr viel zu sehnen, aber dafür von  Gleisen. Eines von diesen Gleisen führt in die Lagerhalle. Auf einem Schild steht: Noch zirka 250 Meter bis zum Weichenhebel. Wir laufen in Richtung Lagerhalle, als die alte Ampel rot anfängt zu blinken. In der Ferne höre ich  einen Zug hupen und wenn man genau hin sieht, kann man ihn auch schon sehen und er fahrt in Richtung Lagerhalle. «Mami, dieser Tresor kann schon zerstört werden, wenn zum Beispiel ein Zug mit voller Geschwindigkeit in die Halle fährt», sage ich und fange an in Richtung Weichenhebel zu rennen. Mit jedem Schritt, den ich renne, kommt der Zug immer näher und näher. «Der Hebel, befindet sich auf er anderen Seite vom Gleis», stellte ich fest. Als ich Gegenüber von dem Weichenhebel stehe, springe ich auf die andere Seite, ohne darüber nach zu denken.

Kapitel 7

Als ich die andere Seite erreicht habe, stürze ich zu Boden, kurz vor dem Weichenhebel. Ich versuche aufzustehen, aber ich stürze wieder zu Boden. Der Zug hat so viele Wagons, das immer noch Wagons an mir vorbei rasen. Jetzt merkte ich es, aus meinem Bauch fliesst Blut, sowie aus anderen Körperteilen. Ich wurde vom Zug angefahren und dieser Zug, wird das Leben meiner Mutter ruinieren, wenn ich nicht diesen Hebel herunterdrücken. Ich nehme alle meine letzte Kraft zusammen und versuche an den Hebel zu kommen, doch ich schaffe es nicht. Ich liege eine kurze Weile am Boden und schaue den Himmel an, als ich meine Mutter schreien  höre. Sie sagt: «Zoey? Wenn du das hörst, sollst du wissen, das du viel stärker bist, als du denkst. Du bist eine Kämpferin. Ich hab dich lieb und ich habe dich nie vergessen .Du bist mein Kind und ich bin deine Mutter egal was passiert.» Plötzlich, spüre ich in mir einen Energieschub und wie von alleine, rappele ich mich auf und drücke den Hebel hinunter und der Zug weicht aufs andere Gleis aus. Jetzt endlich sehe ich meine Mutter und sie springt auf mich zu und umarmt mich. «Geht es dir gut ?», fragt sie. Ich nickte und vor meinen Augen verschwimmt alles und ich breche in den Armen meiner Mutter zusammen. Ich sehe wie sie ein Handy aus der Hosentasche zieht und eine Nummer wählt, aber ich sage nur: Stopp, Mami. Tu das nicht. Es ist zu spät, ich werde sterben, aber weisst du was ich am aller meisten bereue? Das wir nicht mehr Zeit zusammen verbringen können. Obwohl, all diese Zeit, alle diese Erinnerungen, in denen wir gelacht, geweint, uns gestritten haben und uns wieder versöhnt haben. All diese Momente wollte ich mit niemandem anders teilen als mit dir. Ich liebe dich Mami.» Ich sehe mein Mutter an, wie sie das Telefon ablegt und ihr die ersten Tränen übers Gesicht laufen. «Versprich mir, das du mit all diesen Beweisen zur Polizei gehst», sage  ich und mit diesem Satz schliesse ich die Augen und ich werde umhüllt mit einer Kälte. Ich habe jetzt das was ich mir gewünscht habe, ich bin tot. Aber jetzt will ich es nicht mehr.

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